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Von Menschen und Hippos

Flusspferd Albert betritt Container
Flusspferd Albert betritt Container | Bild: WDR

Mit voller Kraft zieht ein Kölner Zoopfleger am Schieber, das stabile Gittertor öffnet sich: Albert, ein schwergewichtiger Flusspferdbulle, stampft gemächlich in einen bereitgestellten Container und kaut das ausgelegte Heu. Hinter ihm schließt sich plötzlich die Klappe. Es ist ein besonderer Tag im Kölner Zoo, denn nach 120 Jahren verlässt im Frühjahr 2010 die letzte Flusspferd-Familie ihr altes Zuhause.

Wenige hundert Meter weiter wartet auf sie ein Meilenstein moderner Tiergartenarchitektur – der Hippodom.

Umzug der Dickhäuter in einen neuen Dom aus Glas

Hippodom
Hippodom | Bild: WDR

Das alte Gehege genügte modernen Ansprüchen schon lange nicht mehr. Bereits 1863 im maurischen Stil erbaut, beherbergte das älteste Zoo-Gebäude zunächst Antilopen und Giraffen, später auch Elefanten und Antilopen. Seit 1890 bewohnten diverse Flusspferd-Dynastien den gekachelten Innenraum mit seinem engen Schwimmbecken und Gitterverschlägen. Das neue Gehege ist von einem anderen Kaliber. Der Tierpark investierte zwölf Millionen Euro in einen Glaspalast mit Gehegen auf der Größe eines halben Fußballfeldes, den "Hippodom". In seinem Schaubereich leben die Dickhäuter in einer nachgebauten afrikanischen Flusslandschaft, die den Besuchern einen Eindruck vom natürlichen Lebensraum der Hippos gibt.

Im Zoo beliebt, in der Wildnis ein Problem

Flusspferde in Swaziland
Flusspferde in Swaziland | Bild: WDR

In Afrika selbst haben Flusspferde allerdings keinen guten Ruf. Immer häufiger geraten hier Mensch und Tier miteinander in Konflikt, weil die natürlichen Lebensräume schwinden. Durch die tonnenschweren Tiere kommt es jedes Jahr zu mehr Todesfällen unter den Menschen als durch Löwen. Vor allem in der Dämmerung verlassen die Flusspferde das Wasser und suchen an Land Futter, oft auch in Stadtnähe. Dort herrscht dann Hippo-Alarm! Nur der Einsatz von Wildhütern schützt die Flusspferde vor dem sicheren Tod durch die Anwohner, die Angst vor den Tieren haben, aber auch gern deren Fleisch essen. Doch die Zahl der Flusspferde in der freien Natur sinkt. Auf dieses Problem wurde auch der Kölns Zoodirektor Theo Pagel aufmerksam und beschloss zu handeln.

Mit einer kleinen Gruppe von Mitarbeitern reiste er nach Swaziland im Südosten Afrikas und traf dort Mick Reilly, den Leiter des dortigen Nationalparks. Sie stießen auf eine Gruppe von Hippos, die sich in einem kleinen Stausee eingenistet hatten. Mit genau diesen Flusspferden hatte es in der Vergangenheit immer wieder Probleme gegeben.

Kölner Zoo schützt Flusspferde in Afrika

Theo Pagel
Theo Pagel | Bild: WDR

Eigentlich gibt es für eine solche Situation eine Lösung: In Stahlcontainern können Flusspferde gefangen und umgesiedelt werden. Damit hat man in anderen Ländern gute Erfahrungen gemacht. Noch aber hat die Nationalparkbehörde in Swaziland zu wenig Übung mit den Fallen und keine Fahrzeuge, um die schweren Container zu transportieren. Es gibt keine professionelle Wildhüter-Truppe. Hier sah der Kölner Zoodirektor Theo Pagel eine Möglichkeit, zu helfen.

Noch vor Ort unterzeichnete er einen Kooperationsvertrag mit seinen afrikanischen Gastgebern. Zukünftig fließen nun Spenden des Zoos und von Besuchern des neuen Hippodoms in Köln nach Swaziland, um dort Flusspferde umzusiedeln und so ein friedliches Nebeneinander zwischen Menschen und Tieren möglich zu machen.

Flusspferd mit Pflegerin
Flusspferd mit Pflegerin

Für Pagel ist dies ein moderner Weg der Tiergärtnerei. Er will Tiere in ihrer bedrohten Heimat schützen und gleichzeitig die Menschen in Deutschland für die Dickhäuter begeistern. Im Kölner Zoo haben die Besucher nun erstmals die Gelegenheit, nur durch eine dicke Glasscheibe getrennt, die wuchtigen Tiere elegant unter Wasser tauchend zu sehen.

So, wie sich die Flusspferde im neuen Hippodom zeigen, sind sie nicht nur eine Attraktion, sondern auch die besten Botschafter für den Schutz ihrer wilden Artgenossen in Afrika.

Literatur

Der Kölner Zoo Begeistert für Tiere
Marcus Reckewitz, Theo Pagel, Wilhelm Spieß
J.P. Bachem Verlag, Köln, 2010
255 Seiten mit 317 farbigen Abbildungen, 39,95 Euro

Handbuch Zoo – Moderne Tiergartenbiologie
Jürg Meier
Haupt Verlag, Bern Stuttgart Wien, 2009
230 Seiten, 260 Abbildungen
38,50 Euro

Meine Zoogeschichte(n)
Von der Menagerie zum Naturschutzzentrum
Gunter Nogge
Helmut Lingen Verlag, Köln 2010
160 Seiten mit vielen Abbildungen
14,95 Euro.

Autor: Herbert Ostwald (WDR)

Stand: 17.05.2013 09:08 Uhr

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