So., 17.04.11 | 17:03 Uhr
Das Erste
Bussarde sehen Pinkelspuren
Tierische Augen
Leguane haben vielleicht keinen sechsten Sinn, aber in jedem Fall ein drittes Auge. Das sitzt zwischen den beiden "normalen" Augen auf dem Scheitel der Tiere und kann zwar nur schwarz-weiß sehen. Doch Angriffe von oben kann der Leguan damit allemal rechtzeitig bemerken – und dann in Deckung gehen!
Gerade in Sachen "Sehen" hat die Evolution unglaublich viele verschiedene Lösungen gefunden: Spiegelaugen beim Hummer, Flachaugen bei den Seesternen, Pigmentbecheraugen bei den Strudelwürmern, Lochaugen bei den Tintenfischen... Beim Sehen gibt es nichts, was es nicht gibt. Und alle Augen sind natürlich so entworfen, dass sie den Bedürfnissen der Tiere optimal entsprechen.
Der Bussard hat ein eingebautes Fernglas
Um ein Geschehen aus 100 Metern Entfernung genau verfolgen zu können, müssen wir Menschen uns schon technischer Hilfsmittel bedienen. Der Bussard dagegen verfügt über eine Art eingebautes Fernglas. Im Zentrum seines "Adlerauges" stehen die Sinneszellen so dicht, dass ihm auch über große Distanzen kein Detail entgeht.
Beim Orten von Beute hilft dem Vogel aber nicht nur seine Scharfsichtigkeit. Das Bussardauge nimmt auch UV-Licht wahr. Ein klarer Vorteil bei der Mäuse-Jagd, denn Mäuse-Urin reflektiert UV-Strahlen. So kann der Bussard die "Pinkelspuren" der Nager erkennen und schon von Weitem beurteilen, ob es sich für ihn lohnt, eine bestimmte Wiese genauer "unter die Lupe zu nehmen."
Fliegen sehen in Zeitlupe
Wie der Bussard besitzen auch Bienen UV-empfindliche Sehzellen. Damit empfangen sie von Blumen, die uns einfarbig erscheinen, "geheime Botschaften". Spezielle Farbmuster auf den Blütenblättern weisen ihnen den Weg zum Nektar.
Alle Insekten besitzen sogenannte Komplexaugen – ein Mosaik aus tausenden Einzelaugen. Mit diesem System sehen sie sicher nicht schärfer als wir, aber "schneller". Sie erkennen Bewegungen, die uns entgehen. Dank dieser besseren zeitlichen Auflösung dürfte ein Fernsehbild für eine Fliege wie ein zu langsam ablaufendes Daumenkino aussehen, denn Insekten können bis zu 200 Bilder pro Sekunde getrennt wahrnehmen! Für uns dagegen verschmelzen schon bei "nur" 25 Fernsehbildern pro Sekunde die Übergänge.
Katzenaugen – Verstärker inklusive
Lichtreflexe im nächtlichen Straßenverkehr, so genannte Katzenaugen, haben ihren Namen von der Hauskatze, deren Augen nachts den Lichtschein hell reflektieren. Die Ursache dafür liegt hinter der Netzhaut verborgen. Viele Nachttiere "recyceln" das einfallende Licht und sorgen so für mehr Reiz im Auge. Eine reflektierende Schicht hinter der Netzhaut wirft das einfallende Licht noch einmal auf die Rezeptoren zurück und fungiert somit als eine Art "Restlichtverstärker". Die Energie des Lichts wird somit doppelt genutzt.
Ein Spruch besagt: "Nachts sind alle Katzen grau." Zumindest für uns Menschen. Warum eigentlich? Wir haben zwei Arten von Sehzellen: Die Stäbchen ermöglichen uns das Nachtsehen, und mit den sogenannten Zapfen können wir Farben wahrnehmen. Bei wenig Licht treten nur die Stäbchen in Aktion und wir sehen eine Art Schwarzweißbild. Schauen wir dann in eine helle Lampe, blendet das Licht und die Iris verengt die Pupille. Das Auge stellt sich so auf wechselnde Lichtverhältnisse ein – doch besonders schnell reagiert es bei uns nicht. Wieder ins Dunkle geguckt, sehen wir fast nichts mehr. Wir haben nachts also bestimmt nicht den Durchblick.
Andere sind da besser ausgestattet: Das ideale Nachtauge ist groß, mit weit geöffneter Iris, besonders vielen Stäbchen und einer Reflektorschicht. Eulen sind stolze Besitzer solcher Nachtsichtgeräte, die selbst den Mondschein taghell erscheinen lassen.
Autor: Dirk Neumann (SWR)
Stand: 29.07.2015 13:44 Uhr