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Die häufigsten Erste-Hilfe-Irrtümer

Ein Mann hat seinen Arm verbrannt
Was tun bei Verbrennungen? | Bild: WDR

Rund 20.000 Mal klingelt in Deutschlands Notfallambulanzen das Telefon - täglich! Verbrennungen, Vergiftungen, Knochenbrüche, Schnittwunden, die Liste ist schier unendlich. Genauso lang ist die Liste der völlig überholten Ratschläge und Irrtümer im Bereich der Ersten Hilfe.

Hand aufs Herz - jeder hat doch schon mal gehört, dass man eine Verbrennung mit Eis kühlen soll. Und dass auch Butter, Öl, Eier und Mehl bei Verbrennungen prima helfen sollen. Gerade im Bereich der Ersten Hilfe kursieren jede Menge Mythen und Irrtümer. Die Grenze zwischen bewährtem Hausmittel und Humbug ist fließend. Doch die Ratschläge richten oft mehr Schaden an, als sie tatsächlich helfen. Mitunter werden die vermeintlich tollen Tipps und Hausmittel zum Bumerang, wenn sie Wunden verschlimmern, ernsthafte Schäden anrichten und manchmal sogar zum Tod führen.

Irrtum 1: Mehl auf verbrannte Haut?!

Wasser läuft über die „geschminkte“ Verbrennung auf einem Unterarm
Wasser kühlt am besten. | Bild: WDR

Eine ungeschickte Bewegung - und es ist passiert. Kochend heißes Wasser ergießt sich über den Arm, verbrüht innerhalb von Sekunden die obersten Hautschichten. Oder der selbsternannte Grillexperte hat die glimmende Kohle im Grill mit Spiritus angefacht und verbrennt sich dabei. Verbrennungen sind extrem schmerzhaft. Meistens sind sie nicht nur oberflächlich, sondern haben auch das darunter liegende Gewebe geschädigt. Bei Verbrennungen und Verbrühungen frisst sich die Hitze manchmal in Sekundenschnelle bis in tiefere Schichten.

Am besten kühlt man kleinere oder mittelschwere Verletzungen mit Wasser - und zwar mit lauwarmem Wasser in Zimmertemperatur. Hausmittel wie Eier oder Butter sind dagegen schädlich, denn Lebensmittel sind oft verkeimt. Wer Mehl auf eine Brandwunde streut, riskiert eine Infektion der offenen Wunde mit gefährlichen Bakterien. Fette, Öle und Mehl verkleben die Wunde zusätzlich und wirken isolierend, so dass sich die innere Hitze im verbrannten Gewebe staut.

Schwere Verbrennungen deckt man einfach nur mit steriler Folie oder sterilem Tuch aus dem Verbandskasten ab und ruft den Arzt.

Irrtum 2: Bei einem Schwächeanfall den Betroffenen aufrichten?

Junger Mann liegt auf dem Boden, Helfer hat ihn auf die Seite gedreht
Beim Schwächeanfall hilft die stabile Seitenlage | Bild: WDR

Ein Jogger ist im Park unterwegs. Es ist heiß, der Mann bekommt viel Sonne ab. Plötzlich sackt er in sich zusammen. Er schwitzt stark, ist knallrot im Gesicht, atmet heftig, es geht ihm sichtlich schlecht. Helfer eilen herbei, versuchen, dem Mann zu helfen. Einer will die Beine des Betroffenen hochlegen, der nächste Helfer lieber den Oberkörper, und trinken soll das Opfer. Die Vorschläge sind zahl-, aber wenig hilfreich.

Dabei ist es ganz einfach: Atmet der Betroffene noch, hat also keinen Herz-Kreislauf-Stillstand, sollte man ihn in die stabile Seitenlage bringen. Der Betroffene wird auf die linke Seite gedreht, der Kopf etwas überstreckt und der Mund leicht geöffnet, damit Erbrochenes abfließen kann. Je nach Witterung kann man den Betroffenen mit einer Decke oder Wärmefolie zudecken.

Irrtum 3: Knochenbrüche sofort schienen?

Jugendlicher liegt auf einer Treppe, Umstehende stützen sein Bein
Erste Hilfe beim Knochenbruch: ruhig stellen und kühlen. | Bild: WDR

Ein Ausrutscher auf der glatten Treppe, man prallt mit dem Bein gegen die Stufe und schon ist es passiert: ein Knochenbruch. Die landläufige Meinung: Ein Bruch muss möglichst schnell geschient werden, damit "nicht noch mehr passiert und die Schmerzen nachlassen". Doch in der Regel hat man kein geeignetes Material zum Schienen dabei und ein Verband lindert nicht die Schmerzen des Verletzten. Das Schienen sollte man dem Rettungsdienst überlassen, denn der verfügt über aufblasbare Schienen. Bis zum Eintreffen des Notarztes kann man das betroffene Bein ruhig lagern und abstützen. Wenn möglich, sollte man die Stelle neben dem Bruch kühlen, um die Schwellung möglichst gering zu halten.

Irrtum 4: Bei einer stark blutenden Wunde Gliedmaßen abbinden?

Junge Frau hat blutende Wunde an der Hand, hält sich das Handgelenk
Ein Druckverband hilft bei stark blutenden Wunden | Bild: WDR

Wer mit Werkzeugen oder Küchengeräten hantiert, kann sich leicht verletzen, wenn zum Beispiel ein scharfes Werkzeug abrutscht. Schnitt- und Stichwunden sind oft tief und bluten stark, vor allem, wenn eine Arterie verletzt ist. Das viele Blut irritiert die Helfer oftmals, sie wollen die Blutung so schnell wie möglich stoppen.
Bindet man allerdings einen Arm oder ein Bein ab, verklumpt das Blut in den Gefäßen - das kann zu großen Komplikationen beim Öffnen der Blutsperre führen. Starke Blutungen sollte man am besten mit einem Druckverband versorgen. Bei massiven Blutungen sollte man zuallererst einfach das betroffene Bein oder den Arm hochhalten und die Schlagader abdrücken. Anschließend legt man dann den Druckverband an. Dafür wird ein Gegenstand, beispielsweise ein Verbandspäckchen oder ein fest zusammengerolltes Tuch, auf die Wunde gelegt und mit der Mullbinde fest gewickelt.

Irrtum 5: Beim Motorradunfall auf keinen Fall den Helm abnehmen?

Helfer nehmen einem jungen Mann den Motorradhelm ab
In bestimmten Situationen kann man den Helm vorsichtig abnehmen | Bild: WDR

Ein Motorradfahrer rutscht auf glatter Straße in der Kurve weg und schlittert über den Asphalt. Andere Passanten haben den Unfall gesehen, wollen helfen und überlegen: Darf man den Helm abnehmen, oder lässt man ihn besser drauf? Bei dieser Frage sind sich die meisten Menschen einig. Der Helm soll ihrer Meinung nach aufbleiben, denn vielleicht verschlimmert man eine mögliche Verletzung, wenn man den Helm bewegt. Doch das ist falsch! Ist der Verunglückte nicht sichtbar verletzt, sollte man ihm auf jeden Fall den Helm abnehmen. Die Halswirbelsäule sollte dabei gestützt werden, denn der Kopf darf nicht zur Seite fallen.

Die Gefahr für den Verunglückten, im Helm an Erbrochenem zu ersticken, ist weitaus größer als die Gefahr einer Lähmung, die durch das Abnehmen des Helmes entsteht.
Besonders wenn man zu zweit ist, sollte man sich trauen, den Helm vorsichtig zu entfernen - denn dann kann einer der Helfer den Kopf stützen.

Autorin: Dagmar Stoeckle (WDR)

Stand: 30.10.2015 14:05 Uhr

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