So., 24.07.11 | 17:03 Uhr
Das Erste
Verborgene Waldwelt
Der frühe Vogel...
Früh morgens sitzt er in sicherer Höhe noch oben im Baum, wo er auch die Nacht verbracht hat: der Auerhahn. Schon vor Sonnenaufgang erklingt der Balzruf des schwersten heimischen Waldvogels.
Der Auerhahn (bzw. das Auerhuhn) ist extrem anspruchsvoll an seine Umgebung. Deswegen ist das Vorkommen dieser Art auch sehr zusammengeschrumpft. Das immerhin ein Meter große Männchen zu Gesicht zu bekommen – diese Chance gibt es in Deutschland nur noch in unberührten Wäldern der Mittel- und Hochgebirge wie in Teilen des Bayerischen Waldes oder in den Alpen. Immer wieder versucht man mit Aussetzaktionen den Bestand zu stabilisieren – mit mäßigem Erfolg.
Sonnenkollektoren auf sechs Beinen: Ameisen
Der Wald ist ein einzigartiger Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Für die schattenliebenden Tiere und Pflanzen bietet er genug Kühle. Der gelbe Frauenschuh zum Beispiel, eine geschützte Orchideenart, bevorzugt den Halbschatten des Nachmittags. Die Türkenbundlilie dagegen öffnet ihre Blüten nur mittags, im direkten Sonnenlicht.
Wer auf die Sonne angewiesen ist, weiß sie auch möglichst effektiv zu nutzen. Ein weiteres Beispiel ist die Waldameise. Die ersten Strahlen am Morgen nutzen die Tiere zum Sonnenbad. Ihre schwarzen Körper heizen sich schnell auf. Haben sie genügend Wärme getankt, ziehen sie sich in das Innere des Ameisenhaufens zurück und geben dort die Wärme ab. So wird der Bau auch von innen warm. Ameisen sind also Sonnenkollektoren auf sechs Beinen.
Unter der Erde
Tiere, die zumindest einen Teil ihres Lebens unter der Erde leben, sind für uns Menschen quasi unsichtbar. Besonders Jungtiere bleiben uns verborgen, da sie die ersten Monate komplett im Bau verbringen. Zum Beispiel die des Fuchses: Aufwendige Filmaufnahmen sind nötig, um diesen Teil des Lebens im Wald auch für uns sichtbar zu machen. Doch wenn der Tierfilmer geduldig wartet, wird er belohnt: Die Kamera ist dabei, als der mutigste von ihnen seinen ersten Ausflug in den Wald macht.
Ohne Regen kein Leben
Wasser ist Leben, das gilt auch für den Wald. Einige Lebewesen sind vom Wasser direkt abhängig. Der Feuersalamander beispielsweise kommt nur bei Regen oder Nebel auch tagsüber aus seinem Versteck – sonst würde er austrocknen. So bleibt er trotz seiner leuchtenden Färbung vom Menschen meist unbemerkt.
Für die kleinsten Waldbewohner wie Wanzen ist schon ein einzelner Tropfen bedrohlich – seine „Wucht“ kann einen kleinen Hüpfer schon vom Blatt katapultieren.
Nachts im Wald
Wenn im Wald der Tag geht zur Neige geht, suchen die meisten Tiere Unterschlupf.
Doch die Hirsche kommen jetzt erst raus: Eigentlich sind sie tagaktiv, aber sie reagieren extrem empfindlich auf Störungen – und die sind in unseren Wäldern inzwischen häufig. Deshalb weichen sie auf die Abend- und Nachstunden aus. Andere Jäger wie die Eule legen jetzt erst los, weil sie perfekt an die Dunkelheit angepasst sind: Sie hat besonders viele Stäbchen in der Netzhaut, also Sehzellen, die auch das Sehen in der Dunkelheit möglich machen. Perfekte Voraussetzungen für eine erfolgreiche Jagd! Jetzt gehört der Wald den Tieren - für uns Menschen wird er zu einem unheimlichen, magischen Ort.
Jan Haft (BR)
Stand: 13.11.2015 14:09 Uhr