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Die Klima-Diät

50-Kilometer-Grenze

Elisabeth D. im Supermarkt
Nicht viele Produkte stammen aus der Region. | Bild: SWR

Lange Transportwege von Lebensmittel belasten die Umwelt und das Klima. Aber funktioniert es überhaupt, sich allein von regionalen Produkten zu ernähren? Freiburger Familien machen die Probe aufs Exempel.

Nicht mehr als 50 Kilometer im Umkreis von Freiburg, das ist das Gebiet, aus dem die Lebensmittel stammen dürfen. Freiburger Familien nehmen an einem Testprojekt des Umweltamtes der Stadt teil, um ganz konkret auszuprobieren, ob so etwas überhaupt geht - nicht nur in der Theorie, sondern in der Praxis. Das Ganze ist Teil einer größeren Kampagne: "200 Familien aktiv fürs Klima". Durch diverse Experimente möchte die Stadt Freiburg ehrgeizige Klimaziele verwirklichen helfen, nämlich den CO2-Ausstoß bis 2030 um 40 Prozent zu senken und bis 2050 sogar vollkommen klimaneutral zu werden.

Zwei Wochen nur regional

Gemüseangebot eines Marktstandes
Bauernmärkte bieten auch im Winter regionale Produkte. | Bild: SWR

Zwei Wochen lang versuchen Familien im Rahmen der Diät die "50-Kilometer-Regel" einzuhalten - besonders im Winter ein schwieriges Unterfangen. Einkaufen wird dabei zu Wissenschaft für sich: Viele Produkte sind aus einer ganzen Reihe von Zutaten zusammengesetzt. Selbst wenn ein Lebensmittel wie Nudeln in der Region erzeugt wurde, können einzelne Bestandteile von weit her kommen. Die Versuchsteilnehmer werden zwangsläufig Experten für das Kleingedruckte. Exotische Gewürze, selbst Pfeffer, sind tabu, ebenso wie Fertigprodukte oder Zucker. Nur eine Ausnahme pro Familie ist gestattet. Die meisten wählen Kaffee.

Einfacher ist es, auf Bauernmärkten einzukaufen. Aber auch dort muss man nachfragen. Eine solche Diät durchzuführen, bringt für die Familien viele Aha-Erlebnisse mit sich. Oft sind es die kleinen Dinge, die am schwersten zu bekommen sind wie etwa Senf, Öl, Essig oder Kräutertees.

Die Macht des Verbrauchers

Treibhäuser im Raum Heidelberg
Welcher Anbau ist am besten hinsichtlich der CO2-Bilanz? | Bild: SWR

Privater Konsum hat gewaltige Auswirkungen auf den CO2-Ausstoß. Rund elf Tonnen CO2 pro Kopf produzieren die Deutschen im Jahr - damit erzeugt jeder Bundesbürger sieben mal so viel Treibhausgas wie ein Inder. 1,7 Tonnen, rund 15 Prozent, entfallen dabei auf die Ernährung. Wissenschaftliche Unterstützung bekommt das Freiburger Umweltamt durch das Institut für Umwelt und Energieforschung (IFEU) in Heidelberg. Aber ist die Klimadiät wirklich sinnvoll?

Der Transport macht schon eine Menge aus. Allerdings spielen noch einige weitere wichtige Faktoren bei der Ernährungsbilanz eine Rolle. Das IFEU hat sie anhand einiger alltäglicher Lebensmittel untersucht und noch einige zusätzliche Tipps entwickelt.

Beispiel Salat: Im Winter gibt es Feldsalat aus dem Freiland, das erzeugt sehr wenig CO2. Salatköpfe haben allerdings keine Saison und müssen in beheizten Treibhäusern gezogen werden. Also kann man genauso gut einen Salatkopf essen, der aus Spanien importiert wurde. Die Heiz- oder Transportkosten betragen in etwa das Gleiche.

Beispiel-Rechnung mit Äpfeln

Äpfel
Apfel ist nicht gleich Apfel | Bild: SWR

Am Beispiel von zwei Kilogramm Äpfeln hat das Institut die Klimabilanz exemplarisch durchgerechnet:
Äpfel von einer Streuobstwiese haben mit 0,1 bis 0,2 Kilogramm CO2-Belastung eine sehr niedrige Bilanz.
Plantagenäpfel liegen bei knapp 0,5 Kilogramm und Importäpfel aus Übersee bei 0,8 Kilogramm.

Jedoch ist die gesamte Klimabilanz zerstört, wenn der Verbraucher zum Kauf des Streuobstapfels mit dem Auto fährt. Schon fünf Kilometer gefahrener Einkaufsweg treiben den CO2-Ausstoß auf 1,8 Kilogramm hoch. Und Fleisch, ob regional oder nicht, toppt mühelos jeden Apfel. Über 50 Kilogramm CO2 verursacht die Erzeugung von einem Kilo Rindersteak. Allerdings sind Aufzucht und Haltung der Tiere hier natürlich mit einberechnet.

Das Institut rät also, nicht nur regional, sondern auch saisonal einzukaufen, lange Anfahrtswege zu vermeiden und nicht so viel Fleisch zu essen.

Erkenntnisse durch "learning by doing"

Familie beim Essen
Zwei Wochen machen die Familien die "50-Kilometer-Diät". | Bild: SWR

Die Freiburger 50-Kilometer-Diät ist ja auch nicht für die Ewigkeit gedacht. Die Aktion ist ein Spiel, an dem alle freiwillig teilnehmen. Die Familien sind beeindruckt , wie viel sie in den zwei Wochen über ihre Ernährungsgewohnheiten erfahren haben. Tatsache ist, dass die meisten im Alltag nicht mehr darüber nachdenken, woher ihre Lebensmittel überhaupt kommen.

Über 20 Familien haben seit Sommer bei dem Experiment mitgemacht und die nächsten stehen bereit. Es hat sich ein Netzwerk gebildet, in dem die Teilnehmer sich untereinander austauschen, Kochrezepte entwickeln und Tipps weitergeben. Und neue Projekte sind angedacht, zum Beispiel Plastikmüll zu vermeiden und zwei Wochen lang den "Gelben Sack" leer zu lassen. Das ist vermutlich fast noch schwieriger als die "50-Kilometer-Diät."

Autorin: Tamara Spitzing

Stand: 30.10.2015 14:10 Uhr

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