Sa., 30.11.24 | 23:50 Uhr
Das Erste
Stefanie Schardien: Endzeitstimmung
„Der Advent kann kommen!“ Vor zwei Wochen schickt mir mein Zehnjähriger eine Handynachricht ins Büro mit Beweisfoto: „Der Advent kann kommen. Ich hab Euch zwei leckere Adventskalender besorgt!“ Sehr süß. Eigentlich verkehrte Welt. Normalerweise gibt’s ja Kalender für die Kinder. Aber was lese ich: Adventskalender für Erwachsene boomen! Mit Süßigkeiten oder Saatgut. Es gibt Bier-Adventskalender, einen mit guten Taten und sogar bei der Bahn – Überall dürfen wir 24 Türchen öffnen. Vor allem werden Kalender oft verschenkt. Anderen einen schönen Advent bereiten.
Und ich spür das im Moment auch total: Ich möchte, dass dieser Advent richtig schön wird. Weil es eben gerade um uns herum so finster wirkt. Doppelt finster, jahreszeitlich, aber… Himmel! Was für viele düstere Gedanken und Nachrichten, oder? Weltuntergangstimmung können wir. Und nein, auf gar keinen Fall will ich, dass mir all dieses Furchtbare und Friedlose auch noch den Advent wegnimmt. Diese schönen Erfahrungen, das Licht, die Wärme - diese Rituale könnten wir wohl gerade dringend gebrauchen.
In dieser merkwürdigen Zeit, manchmal schrecklich, anstrengend. Eine Zeit, in der wir irgendwie – ja was bleibt uns anderes übrig - ausharren müssen, durchhalten. Und das passt kurioserweise ganz zum Advent. Nach seinem christlichen Ursprung ging es im Advent darum: warten und sich vorbereiten ausharren müssen, Bis das Christkind zu Weihnachten kommt, der Sohn Gottes, der uns erlöst von allem Bösen, uns rettet, unser Leben heil macht. Aber im Advent… ist das alles eben noch nicht da. Ausharren und dabei das Beste daraus machen. Und das packt mich in diesem Jahr besonders: Wir harren aus in dieser merkwürdigen Zeit, aber wir lassen uns dabei gerade nicht unterkriegen, nicht bangemachen. Weil wir erinnern: Da kommt noch was. Oder eben in meinem Glauben die Hoffnung: Da kommt noch wer! Das hier, das Finstere, das ist nicht alles. Wir halten das durch.
Und noch mehr: Wir haben sogar etwas dagegen: Sterne, Kerzen, Spenden sammeln, Lieder. Wir fluten unseren Alltag jetzt mit dem, was unserer Seele und vor allem auch anderen gut tut. Ein Glück haben wir diese Symbole und Rituale. Ich kenne eine ältere Dame, die hat wie verrückt in den vergangenen Tagen Plätzchen gebacken. Also: die aufwendigen Sorten, für die man quasi selbst kaum Zeit findet. Ein paar für sich. Aber den größten Teil verpackt sie in hübsche Tüten und verschenkt sie. Da können die Nachrichten wieder schlimm oder der Tag furchtbar gewesen sein – alle, die sie beglückt, erleben „So geht es auch!“ und tragen das mit sich.
Das ist für mich eine wirklich gute Botschaft: So viele spüren diese Sehnsucht nach Advent noch. Gott sei Dank. Wir sehnen uns nach dem, was unsere Hoffnung wachhält, dass ein anderes Leben und Miteinander leben doch möglich ist.
Also, wie schrieb mein Kind? Der Advent kann kommen!
Für mich ist das heute hier mein letztes Wort zum Sonntag. Zu Ihnen sprechen zu dürfen, war mir eine Freude und ein Herzensanliegen. Jetzt kommen andere Aufgaben. Danke dem Team hinter den Kameras, Ihnen für Ihr Zuhören und für die vielen Zuschriften in den letzten sechs Jahren. Bleiben Sie alle behütetet.
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Nacht und einen gesegneten Advent.