Statement von Produzentin Gabriela Sperl
»Die Spiegel-Affäre markiert das Ende der Ära Adenauer und muss als Meilenstein in der Demokratisierung der jungen Bundesrepublik gelten. Sie war früher Vorbote von 1968. Das Volk ließ sich nicht mehr unkritisch "von oben" lenken. Die Spiegel-Affäre ist als historisches Ereignis wichtig, aber vor allem auch für uns heute relevant, hält sie uns doch sehr direkt einen ungeschönten Spiegel vor: Sie ist Lektion in gelebter Demokratie. Ein Lehrstück, eine Parabel für Jung und Alt, ein wichtiges Stück Fernsehen, das aufklärt, Werte vermittelt, Identität und Orientierung stiftet. Der Film steht für mich als Produzentin in der Nachfolge von "Mogadischu".«
»Es ist ein Thriller und zugleich ein großes Drama von zwei hochbegabten Machtmenschen, Augstein und Strauß. Der Film ist darüber hinaus eine Geschichte von der Presse als vierter Macht im Staat, ein bewegtes Dokument über das mühsame Erlernen demokratischen Handelns. Die Geschichte spielt ein Jahr nach dem Mauerbau, vor dem Hintergrund des Kalten Krieges, auf dem Höhepunkt der Kuba-Krise. Bei den Handlungsträgern der jungen Republik kursiert die konkrete Angst vor einem Dritten Weltkrieg. Diese Angst vor einer weltweiten atomaren Katastrophe setzt die Vorgehensweise von Strauß – egal wie korrupt er sonst agiert haben mag – heute in einen anderen, einen globalen Kontext. Aus der Rückschau gesehen, hat die von vielen bekämpfte "Politik der Abschreckung" paradoxerweise Deutschland und der westlichen Welt Jahrzehnte des Friedens beschert. Denn die Aufrüstung auf beiden Seiten, das "Gleichgewicht des Schreckens", zwang Ost und West vom Modus der Konfrontation und Drohgebärde überzugehen in konkrete Verhandlungen über Abrüstung.«
»"Die Spiegel-Affäre" ist jenseits ihrer historischen Bedeutsamkeit ein Film über Moral und Ethik in Politik und Wirtschaft: Vor dem Hintergrund von NSA, Snowden, Whistleblowern, Wikileaks, sich abzeichnenden Finanzdesastern, korrupten Politikern ist diese Geschichte von damals eine von heute. Nur dass die Grenzen zwischen dem "Erlaubt ist, was geht", dem skrupellosen "anything goes!" und einer klaren ethischen Positionierung heute noch viel fließender und unüberschaubarer geworden sind. Die Fragen von damals sind heute drängender denn je: Wie weit greifen demokratische Mechanismen im Prozess der Entscheidungsfindung? Oder findet Politik heute, wie damals, längst in einem interessengeleiteten Raum abseits und jenseits demokratischer Einflussmöglichkeiten statt? Eine Antwort ist ganz klar: Eine funktionierende lebendige Demokratie braucht eine unabhängige, kritische Presse jenseits globaler Konzernstrukturen heute notwendiger denn je.«
»Ich danke der ARD, dem BR, dem WDR und der ARD Degeto sowie ARTE, dass wir diesen Film machen konnten. Ich danke Quirin Berg und Max Wiedemann, dass ich diesen Film unter ihrem Dach, in gemeinsamer kreativer Zusammenarbeit realisieren konnte.«
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