»Der Sport hat in der gesellschaftlichen Gegenwart eine enorm hohe Bedeutung erlangt. Sportliche Großereignisse wie die olympischen Spiele bestimmen für Wochen die weltweite Aufmerksamkeit, sie verändern die Selbstwahrnehmung und Selbstdarstellung der austragenden Länder, Siege bringen Menschen zum Freudentaumel und zu anhaltender Begeisterung.
Große Sportler sind Popstars, präsent in den Zeitschriften und als Vorbilder mitunter weltweit wirksam. Der Gewinn einer Fußballweltmeisterschaft kann ein Land nachhaltig in der Grundstimmung beeinflussen, der deutsche Sieg im Finale in Brasilien 2014 zählte in den Jahresrückblicken vieler Menschen zu den absoluten Highlights des Jahres. Dazu ist der Fußball allen voran ein inzwischen fast täglicher Begleiter zwischen Bundesliga, Champions League, Pokal usw., die Stadien sind voll, die Fankultur lebt. Sport ist ein Sinnsystem, wirkungsmächtiger als vieles andere.
Dieser ungebrochenen Begeisterung steht eine 'dunkle Seite' des Sports entgegen. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat eine Professionalisierung des Sportes eingesetzt, die ohne Beispiel ist, Sport – und auch hier vor allem der Fußball – ist zum Milliardengeschäft geworden. Und inzwischen ist deutlich, dass im Zuge dieses Riesengeschäftes der Sport auf vielfältige Weise seine Unschuld und Reinheit verloren hat. Vom Doping bis zur Korruption ist immer wieder in den Schlagzeilen zu lesen. Doch nicht alles gelangt in die Schlagzeilen, wie die Experten wissen. Das mächtige kriminelle Feld der Wettmanipulation, der Beeinflussung von sportlichen Ergebnissen im Dienste eines Wettgewinns ist ein weltweites Problem – und bei allen Bemühungen ist die Aufdeckungsrate schmerzlich gering.
In diesem faszinierenden, erschreckenden Kosmos setzt die filmische Erzählung von 'Auf kurze Distanz' an. Aber der Film ist vieles mehr als ein Bericht aus der Welt der Manipulation und des Betrugs. Er ist die bewegende Geschichte einer tiefen, tragischen, verräterischen Freundschaft. Er ist eine Erzählung von der Einsamkeit des Ermittlers, von dem Preis im Kampf um Gerechtigkeit, eine Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Er ist zugleich das Porträt extremer Menschen in komplexen Situationen, auch das Bild einer Gegenwelt von organisierter Kriminalität wie sie in Berlin und auch anderen Städten wie selbstverständlich im Verborgenen zu finden ist, wenn man nach ihr sucht.
Vor allem ist 'Auf kurze Distanz' ein Beispiel von der besonderen Magie gelingender Zusammenarbeit großer Talente vor und hinter der Kamera. Eine wunderbare, grandiose Schauspielerriege mit Tom Schilling und Edin Hasanovic an der Spitze, genau besetzt bis in die kleinsten Rollen mit u.a. Jens Albinus ('Der Adler', 'Borgen – Gefährliche Seilschaften'), Lazar Ristovski, Fortunato Cerlino, Britta Hammelstein ('Der Winzerkönig', 'Freier Fall'), Emilia Schüle, Aleksandar Jovanovic ('Der Knastarzt', 'Polizeiruf 110: Feindbild'), Sascha Alexander Gerŝack, Marko Mandić, Vladimir Burlakov.
Das kluge Drehbuch von Holger Karsten Schmidt und Olli Kienle, die genau komponierte Kamera von Jakub Bejnarowicz und Philipp Kadelbachs immer wieder erfindungsreiche, überraschende, intensive Regie an der Spitze des engagierten Teams zeichnen diesen Film aus. Mit Philipp Kadelbach verbindet mich eine langjährige, beglückende Zusammenarbeit und ich war sehr froh, sie hier quasi auf 'lange Distanz' fortsetzen zu können.
Besonders ist aber auch dem WDR, Barbara Buhl und Nina Klamroth gemeinsam mit Christine Strobl von der ARD Degeto zu danken, wie auch Sascha Schwingel und Hannes Jaenicke, die das Projekt initiiert hatten. 'Auf kurze Distanz' steht dank ihres Einsatzes und Mutes in der Tradition der genauen und thematischen intensiven Fernsehspiele, die sich auf der Höhe der Zeit mit den Themen der Zeit zu befassen suchen.«