Gespräch mit Lars Gunnar Lotz
Regie
Der Film taucht in die rechtsextreme Szene Mecklenburg-Vorpommerns ein. Worauf kam es Ihnen hierbei an?
Nach dem Erstarken der extremen Rechten in Deutschland fand ich es richtig und wichtig, darüber einen Film zu machen. Allerdings war mir auch wichtig, dass wir dabei nicht den Zeigefinger erheben, dass wir dieses Phänomen nicht einfach in so eine Ecke schieben und sagen, das sind Spinner und fertig. Vielmehr wollten wir es in seinen unterschiedlichen Facetten darstellen, und ich denke, das ist uns auch gelungen. Wir haben hier nicht nur eine Partei sehr weit rechts der Mitte, die sich offen und modern gibt, sondern auch die Bewegung der völkischen Siedler und eine terroristische Untergrundorganisation. Und wir haben Figuren wie die Tochter von Sylvia Schulte und den Syrer Karim, die jeweils noch mal eine andere Perspektive auf das Thema eröffnen.
Der Ex-Flüchtling Karim fühlt sich politisch in einer Partei beheimatet, die gegen Migranten hetzt; er erscheint zunächst wie ein Widerspruch in sich. Worauf lag Ihr Augenmerk bei der Inszenierung dieser Figur?
An Atheer Adel, dem Darsteller von Karim, gefiel mir besonders die Mischung, die er mitbringt. Als großer, stattlicher Typ hat er eine starke physische Präsenz und bildet so ein Gegengewicht zu Charly. Das ist wichtig, damit er ihm in den Verhörszenen auf Augenhöhe begegnen kann. Daneben wollte ich, dass man ihm die Intellektualität der Figur auch wirklich abnimmt. Karim ist ein intelligenter Bursche, der es faustdick hinter den Ohren hat. Von seinem Pflichtbewusstsein, seinem Fleiß und seinem Ehrgeiz her ist er eigentlich typisch deutsch. Damit widerspricht Karim völlig dem Bild, das man sich gemeinhin von einem Migranten macht, und führt ad absurdum, was überhaupt deutsch ist.
Das Landleben der völkischen Siedler in Ihrem Film trägt auch idyllische Züge. Was war Ihnen wichtig im Umgang mit diesem Phänomen?
Im Film fällt der Begriff "braunes Bullerbü", und so wollten wir diese "Freie Kameradschaft" auch zeigen. Wenn die Reichskriegsflagge nicht im Bild wäre und manche Sätze nicht fallen würden, würde man darin erstmal nur das Idyll sehen. Man bemerkt nicht sofort, dass die Menschen, die sich da aufs Land zurückgezogen haben, keine harmlosen Naturliebhaber sind, sondern rechtsextrem eingestellt. Und gerade das ist, glaube ich, das Gefährliche. Früher war die Szene klarer getrennt in die Skins, die Rocker, die Motorradclubs, mittlerweile ist das eine undurchsichtige Gemengelage. Diese Vermischungen machen es der Politik und denen, die für Recht und Ordnung sorgen sollen, extrem schwer, da klar durchzuschauen. Wie schwierig es ist, eine Trennlinie zu ziehen, erfahren ja auch unsere Ermittler. Sie finden bis zum Schluss nicht heraus, in welcher Beziehung Sylvia Schulte zu dieser rechtsextremen Szene stand. Dieses Nebulöse, schwer Greifbare wollten wir spürbar machen.
(Interview: Birgit Schmitz)
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