Gespräch mit Anneke Kim Sarnau

(Katrin König)

»Dass es auch mal wieder physisch zur Sache geht, hat mir sehr gut gefallen.«

Katrin König
Katrin König wird beim morgendlichen Joggen niedergestochen. | Bild: NDR / Christine Schröder

In "Liebeswahn" werden die Rostocker Ermittler mit einem brutalen Mord konfrontiert. Wie gefiel Ihnen das Buch von Thomas Stiller?

Ich fand’s spannend. Man merkt gleich am Anfang: Das wird einfach ein total gruseliger Krimi.

Katrin König hat sich daran gemacht, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten. Jetzt erleben wir eine auffällig ernste, nachdenkliche Ermittlerin. Wird sie von der Trauer eingeholt?

Ja, sie hat ein bisschen mehr an dieser ganzen Sache zu knapsen, als sie sich das wahrscheinlich vorgestellt hat. Dass die Erlebnisse von damals sehr prägend für sie waren, bewusst oder unbewusst, das kommt in Wellen bei ihr an. Als sie sich ihrer privaten Geschichte zugewandt hat, hat sie nicht geahnt, dass sie solche Schatten wirft. Auf eine Art ist sie auch sehr einsam.

Was umso mehr auffällt, als ihr Kollege – der Familie zuliebe – plötzlich Dienst nach Vorschrift macht. Katrin König hat weder eine Familie noch andere soziale Kontakte …

Sie merkt gerade, dass die Arbeit ihr Leben ist und dass sie sich wahrscheinlich zu sehr auf Bukow fixiert hat. Ich finde es spannend und gut, dass sie so in ihrem Job aufgeht. Aber es ist in meinen Augen auch wichtig, deutlich zu machen, dass das eine Kehrseite hat und diese Kehrseite auch mal zu zeigen. Denn sie ist ja trotzdem ein Mensch mit Sehnsüchten.

Ist das Alleinsein eine Folge ihrer Geschichte?

Katrin König lebt nicht wie andere, weil sie das eben noch nicht so richtig draufhat. Sie flüchtet sich regelrecht in ihre Arbeit. Sie ist noch nicht ganz geheilt, und die Arbeit ist eine willkommene Ablenkung für sie. Im Grunde sieht sie es als eine Art Therapie, sich in irgendwelche kranken oder fehlgeleiteten Leute hineinzuversetzen. Sie versucht immer, da etwas zu verstehen, was sie vielleicht für sich selber auch anwenden kann. Das finde ich eigentlich ganz cool, aber ich möchte eben auch zeigen, dass sie Gefahr läuft, sich in ihrer Arbeit zu verlieren.

Es gibt auch eine äußere Verwandlung. Katrin König hat eine neue Frisur, trägt andere Klamotten …

Eigentlich ging der Impuls dazu vom Regisseur aus, aber wir waren ganz dankbar für den Anstoß, weil wir auch Lust hatten, die Figur ein bisschen umzustylen. Vorher hatte der Kleidungsstil der Figur – auf eine sehr dezente und gebrochene Art – ein bisschen was DDR-Mäßiges. Das waren nur Andeutungen, denn es ging uns in der Hauptsache darum, dass man sie über ihre Kleidung nicht so richtig einordnen kann. Auf jeden Fall sollte sie, obwohl sie ja in Hamburg groß geworden ist, nichts Schickes haben. Und jetzt war der richtige Zeitpunkt, da etwas zu verändern. Frauen ändern ja gern mal ihren Stil, wenn sie in eine andere Lebensphase eintreten. Und für Katrin König verändert sich jetzt was; sie ist privat im Umbruch.

In "Liebeswahn" geht es um einen Täter, der lange im Verborgenen bleibt. Die Ermittlerin bekommt anonyme Mails, die sie über Thieslers Affäre informieren. Was vermutet sie, was der Absender damit bezweckt?

Erst einmal findet sie es spannend, dass sie diese Mails kriegt, weil sie sich immer für so was interessiert – für Leute, die merkwürdig ticken. Diese Mails zeigen ihr, dass da jemand Aufmerksamkeit will; es will jemand was petzen, und es sollen andere in diese Sache mit reingezogen werden. So etwas findet sie faszinierend und abstoßend zugleich. Sie hat keine Angst vor solchen kranken Hirnen, aber sie versucht automatisch zu verstehen, was das für ein Mensch ist, der so was tut, warum er das tut, und was ihre Rolle in dem Ganzen sein soll. Darüber kommt sie auf die Verdächtige, von der sie vermutet, dass sie Machtspielchen spielen will.

König wäscht Thiesler den Kopf wegen der Affäre, fordert ihn auf, Stellung zu beziehen. Warum hat sie das Bedürfnis, sich einzumischen?

Weil sie es total idiotisch findet, was Thiesler macht, und solche Dinge für sie tabu sind. Sie weiß ja, dass Bukow und Thiesler befreundet sind, und sie empfindet ihrerseits große Sympathien für Bukow. Außerdem sind die Kollegen für sie, die gerade kein anderes Umfeld hat, die wichtigsten Menschen. Und wenn dieses Gefüge angegriffen wird, und dann auch noch von innen, empfindet sie das in gewisser Weise auch als Bedrohung. Vor allem möchte sie nicht, dass das Team wegen so einer doofen Sache auseinanderbricht.

Was sagen Sie persönlich zu dieser Wendung der Geschichte?

Ich fand die Idee toll, dass Vivian Bukow eine Affäre eingeht, und ich finde es auch spannend, dass sie ausgerechnet mit Volker Thiesler, einem Freund und Kollegen ihres Mannes, anbandelt. Einfach weil es interessant sein wird zu sehen, wie Bukow darauf reagieren wird; wie er damit umgeht, wenn es irgendwann rauskommt. Außerdem gefällt es mir wahnsinnig gut, wie Fanny Staffa und Josef Heynert das spielen. Wenn man den beiden Figuren zusieht, denkt man nämlich nicht: Oh Gott, ihr Idioten, wie könnt ihr nur. Sondern man kann sie irgendwie verstehen und ihre Beweggründe nachvollziehen.

König wird im Laufe des Films schwer verletzt, ist aber am Ende diejenige, die die entscheidenden Schlüsse zieht und den Täter zur Strecke bringt. Ein dramatisches Finale …

Ja, und dass wir hier so viel Action hatten, fand ich ganz toll. Dass es diesmal nicht nur psychologische Spannung gibt, sondern dass es auch mal wieder physisch zur Sache geht, hat mir sehr gut gefallen.

Charly Hübner bereitet sich durch Boxtraining auf die Drehs vor. Haben Sie auch so eine Methode, um sich mental auf Ihre Rolle einzustellen?

Ich arbeite mit psychologischen Gesten oder Gebärden. Das ist eine Schauspieltechnik, die von Michael Tschechow entwickelt wurde. Dabei versuche ich eine körperliche Geste zu finden, die zu der Figur und zu dem Fall passt, bzw. eine Geste, von der ich meine, dass sie das ausdrückt, was mit der Figur in dem Film passiert. Diese Geste mache ich morgens vor dem Dreh, und sie wird dann psychisch, energetisch wiederholt. Je nachdem wie die Körperhaltung ist, so fühlt man sich ja auch oft. Und das kann man fürs Spielen nutzen. Man benutzt seinen Körper, um in eine psychische Grundhaltung reinzukommen. Das kann eine gute Hilfe sein.

Können Sie die Gebärde beschreiben, die Ihnen hier geholfen hat?

Das ist alles eher abstrakt, aber bei diesem Film war es beispielsweise hilfreich sich vorzustellen, dass die Figur sich einerseits erdrückt fühlt von ihrer Geschichte, gleichzeitig aber immer wieder etwas dagegensetzt. Ich habe mir also diese Kraft vorgestellt, die die ganze Zeit auf mich einwirkt und mich niederdrücken will und gegen die ich ankämpfe. Das hat sehr viele Energien freigesetzt fürs Spielen.

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