Interview mit Sönke Andresen
Autor
Der "Tatort – Babbeldasch" ist ein improvisierter Film und die Figuren wurden mit den Darstellern entwickelt. Worin bestand denn dann die Arbeit des Drehbuchautors?
Ich habe als Drehbuchautor komplett anders gearbeitet als sonst und war involviert in die Probenarbeit, was sehr inspirierend war, denn normalerweise lerne ich die Schauspieler erst kurz vor Drehbeginn kennen – wenn überhaupt. In verschiedenen Workshops haben wir zusammen mit den Darstellern Figuren entwickelt, die sehr nah an ihre eigenen Biographien angelegt sind. Axel und ich haben daraufhin einen groben Krimiplot entworfen (den die Darsteller nicht kannten). Danach habe ich mich zurückgezogen und ein erstes Bildertreatment geschrieben. Jede Szene ist darin genau beschrieben – nur halt ohne Dialoge. Das Treatment haben wir dann in weiteren Workshops und mit Rücksprache der Redaktion weiter vorangetrieben. Außerdem habe ich für die Hauptdarsteller eine genaue Vita entworfen, in der nur so viel stand, wie sie vorab über sich wissen sollten. Impro ist kein Zauberwerk, sondern braucht sehr viel Vorbereitung.
Wie wichtig ist es bei dieser Methode des Filmens, loslassen zu können? Und gibt es eine Kompensation dafür, dass man die Macht über die Figuren aus der Hand gibt?
Film ist Teamwork, ich finde, niemand sollte die "absolute Macht" über Figuren und die Geschichten haben, die habe ich ja auch bei einer konventionellen Arbeitsweise nicht. Alle Beteiligten sollten die Fähigkeit besitzen, loslassen zu können. Das ist das Schöne an der Zusammenarbeit mit Axel Ranisch: Er schafft eine große Offenheit im Team, eine angstfreie Atmosphäre, die inhaltliche Arbeit geschieht immer auf Augenhöhe, es geht nie um Eitelkeiten, sondern immer um die Sache: Wie schaffen wir zusammen den bestmöglichen Film? Wenn Autor und Regie gegeneinander arbeiten, merkt man das dem Endprodukt meist auch an.
Wenn Sie den fertigen Film anschauen, bedauern Sie, dass die Darsteller nicht Ihre Dialogsätze sagen?
Nein, denn ich weiß ja vorher, worauf ich mich einlasse. Für mich ist viel frustrierender, wenn ich monatelang an Dialogen feile, und der Regisseur dann am Set alles umschmeißt und zu improvisieren beginnt. Natürlich schaue ich den fertigen Film auch durch die "Autoren-Brille" und schwanke hin und her: Es gibt Dialoge, die sind durch die Impro so tief und echt, das würde ich als Autor nie so hinkriegen, bei anderen Szenen denke ich mir: Hier würde ein gescripteter Dialog der Szene guttun.
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