Interview mit Axel Milberg

"Der Täter ist seelisch schon gestorben, wenn der Film beginnt"

Borowski (Axel Milberg, li.)
Axel Milberg in seiner Rolle als Borowski | Bild: NDR / Christine Schroeder

Was ist mit Kommissar Klaus Borowski geschehen? Er haust in einer leeren Wohnung und wirkt ziemlich derangiert. Warum trinkt er so viel?

Ich habe darüber jetzt länger nachdenken müssen. Ich glaube, diese Folge sollte direkt nach der Folge "Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes" kommen. Wurde aber zwei Mal aus Gründen der Aktualität* nach hinten verschoben, vom NDR. Da ging es also um den Schrecken der Zerstörung seines Glücks und den persönlichen Neuanfang der Ermittlerfigur Borowski.

In seinem neuen Fall tötet ein Mann zwei Menschen scheinbar ohne Motiv. Was treibt ihn zur Tat?

Für die Brutalität des Mörders fehlt eine wirkliche Begründung. Er ist so. Die Trennung von seiner Frau und Familie ist ja bereits eine Folge seiner Wutanfälle und Unbeherrschtheit.

Man spürt, dass Borowski mit dem Täter etwas verbindet. Was ist es?

Schon beim Lesen mochte ich diese Täterfigur nicht. Vor allem, weil zu ihrer Grausamkeit noch Selbstmitleid und Wehleidigkeit kommen. Eine Ähnlichkeit von Jäger und Gejagtem ist beabsichtigt, ich sehe sie nicht. Denn entscheidend ist, wie ich mein Unglück oder den Frust in etwas Positives verwandle. Schon aus Selbsterhaltungstrieb.

Borowski bricht in einem brennenden Haus zusammen. Er ist dem Tode nah, als er gerettet wird. Wie verändert ihn dieses Erlebnis?

Seine Rettung im Feuer lässt Borowski erkennen, dass der Täter nicht ihn, den Ermittler, ausschalten will. Er will wohl von diesem Borowski zur Strecke gebracht werden. Der Täter ist seelisch schon gestorben, wenn der Film beginnt. Das seelische, innere Drama ist jenseits der sichtbaren Polizeiarbeit zu spüren. Die Polizei kommt ja gewissermaßen "immer danach, immer zu spät". Die Grausamkeit im Milieu, das nicht über sich selber nachdenkt, ist seine Form der Kommunikation. Und etwas wäre schon gewonnen, wenn die Kinder aus diesem Milieu entkommen können.

Haben Sie sich – eine Nacht lang – unter die feiernden Gäste der Kieler Woche gemischt?

In den personenreichen Szenen der Kieler Woche haben wir uns in das Getümmel gestürzt. Und improvisiert. Das geht nur zwei-, dreimal, dann weiß die feiernde Menge Bescheid. Und ruft "Milberg", "Tatort", "Borowski", oder sie wollen helfen und rufen "Achtung, Platz machen, hier wird gedreht!"

Im Film sind sehr viele Menschen entweder betrunken oder auf Droge. Der "Tatort" zeigt ein Land im Vollrausch. Ist das der Ausnahme- oder der Dauerzustand

Die "Kieler Woche" ist immer mehr Rummel und Bratwurst mit Bier geworden. Dass auch gesegelt wird, kann man fast übersehen. Nun liegt es aber vielleicht auch daran, dass die Regatten draußen auf der Ostsee stattfinden und für die allermeisten bestenfalls in den NDR Berichten zu verfolgen sind. Aber nicht direkt. Die Windjammerparade ist hingegen für alle, auch für mich, ein Spektakel und vom Ufer aus, zum Beispiel in Strande oder Laboe, wunderbar zu sehen.

Was zeichnet die Regie von Jan Bonny aus?

Jan Bonny wollte die üblichen Krimi-Effekte und Pointen und Spannungselemente vermeiden. Er ist, wenn ich das richtig erinnere, stark von der bildenden Kunst geprägt. Das habe ich durchaus geschätzt.

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