Fahri Yardim im Interview

Yalcin Gümer (Fahri Yardim)
Yalcin Gümer hofft darauf, Lenny und Isabella zu finden. | Bild: NDR / Gordon Timpen

»Töten bleibt scheiße, egal wie nachvollziehbar der Grund.«

Mitleid ist sicherlich das Letzte, was Yalcin Gümer braucht. Aber tut es inzwischen nicht fast körperlich weh, wie sehr Kollege Nick Tschiller seine Loyalität strapaziert?

Ja, es schmerzt. Besonders die Faust im Gesicht. Aber Yalcin is’n treuer Bengel. Die Verbindung ist bedingungslos. Und er weiß, die Verzweiflung heiligt die Mittel. Man sieht’s ihm nicht an, aber Yalcin hat Nehmerqualitäten. Nicht unwichtig in guten Freundschaften.

Als Nick in "Fegefeuer" endlich um Unterstützung von seinem Partner bittet, steht Yalcin sofort Gewehr bei Fuß. Er kann nicht aus seiner Haut, und nimmt diesen "Typen aus der hessischen Provinz" doch wieder in die Arme. Was ist bei Yalcin unerschütterlicher: sein Altruismus oder sein Glaube an das Gute, um allen Widrigkeiten zu trotzen?

Er glaubt ans Feuer, wenn’s brenzlig wird, er hat den Instinkt für das Richtige im Falschen und die fast notgeile Gelassenheit eines Matrosen, der in den Sturm blickt. Es ist weniger Kalkül als die moralbefreite Hingabe an die Aufrichtigkeit seines Partners.

Wird Yalcins Humor, seine stärkste Waffe, allmählich stumpf im immer härteren Kampf gegen das Verbrechen, aber auch im Kampf um Nick?

Ich würde es Fatalismus nennen, der immer dann komisch wird, wenn die Kacke am Dampfen ist. Es sind seine Schwimmflügel im Sumpf der Hamburger Unterwelt; ein Hauch von Selbstbemächtigung im Angesicht der Windmühlen.

Yalcins Sündenfall als Polizist endet doppelt tragisch. Er muss aus Notwehr erstmals einen Menschen erschießen, und es ist ausgerechnet die Frau, in die er sich verguckt hat. Ist er am Ende dann doch auch ein wenig wie Nick, der die Dinge lieber mit sich selber ausmacht?

Die Radikalität des Tötens weckt auch den letzten Träumer. Töten bleibt scheiße, egal wie nachvollziehbar der Grund. Nicht weil er verknallt ist, trifft der Verlust, sondern weil es die Erinnerung an die eigene Endlichkeit ist, die den Eindruck der Sinnlosigkeit verstärkt, einem System zu salutieren, das nur wenigen nützt und vielen schadet. Im strammen Polizeiapparat kann er nicht auf Unterstützung hoffen. Daher der einsame Versuch, die Hände reinzuwaschen, im Angesicht seines Spiegelbildes.

Warum kritisiert Yalcin oft als Einziger den korrupten Ausverkauf Hamburgs?

Die aufopfernde Arbeit des Polizisten verlangt einen hohen Grad an Vertrauen, für die richtige Sache einzustehen. Dieses Vertrauen muss sich gegen Zweifel bewähren, um nicht als Fußsoldat des Finanzkapitals zu enden. Yalcin verliert den Blick nicht für den Zusammenhang. Das scheint einigen im kleinteiligen Alltag verloren zu gehen.

Können Sie bei der Arbeit am Drehbuch die Zwickmühlen mitgestalten, in die ihre Figur gerät?

Nein. Dafür wird ein, im besten Fall, dramaturgischer Profi eingestellt, unser Autor Christoph Darnstädt, der nur ertragen muss, dass ich Yalcin eine Ladung Norddeutschland in den Duktus lege, der mir gut aus der Achselhöhle geht.

Der Hamburger "Tatort" zeigt inzwischen immer mehr die knallharte Seite des Actionfilms. Wie halten Sie es eigentlich persönlich mit dem deutschen Krimi; was muss er haben, damit er von Ihnen ein "Daumen hoch" bekommt?

Er muss spannend sein.

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