Gespräch mit Sebastian Schipper
(Jan Katz)
Jan Katz ist Vater geworden und lebt aktuell auf Langeoog, der Heimat seiner Frau Mimi. Falke ist zu Besuch und kann nicht glauben, dass ihm das alte Leben nicht fehlt. Vermisst er wirklich nichts?
Nein, ich glaube, der meint das ganz ernst und findet sein Leben prima so. Mal sehen, wie sich das noch weiter entwickelt, aber im Augenblick findet er es jedenfalls spitze. Das kann ich persönlich auch nachvollziehen, obwohl ich eigentlich der totale Stadtmensch bin. In Berlin ist es momentan geradezu Trend, ein Haus auf dem Land zu haben. Der nächste angesagte Stadtteil hier in Berlin, hab ich gerade das Gefühl, ist das Land. Und so geht es dem Jan Katz auch. Ob das jetzt gleich eine Insel sein muss, weiß ich nicht. Aber ich finde das erst mal sehr glaubhaft.
In der jungen Familie herrscht nicht nur eitel Sonnenschein. Mimis Bruder ist seit dem Tod der Eltern traumatisiert. Mimi und Jan Katz sind uneins, was den Umgang mit ihm angeht. Während sie ihn beschützen will, wirkt sein Blick auf den Jungen kühler, rationaler. Ist das der Profi in ihm?
Ganz sicher. Auch wenn sich das Leben von Jan Katz verändert, ist er immer noch Polizist, und da geht‘s ums Faktische: Der Junge hat Probleme und ihm muss geholfen werden. Mimis Versuch, das alles mit Emotionalität abzufedern, kann nicht der richtige Weg sein. Für jemanden, der psychisch krank ist, ist es kein Entgegenkommen zu sagen, es gibt diese Krankheit gar nicht, weil wir den doch so lieb haben. Es geht vielmehr darum zu erkennen, was das Problem ist, es zu benennen und sich entsprechend zu verhalten. So sieht Jan Katz die Sache.
Als Florian in einen Mord verwickelt wird, schaltet Falke sich Katz zuliebe in die Ermittlungen ein. Über Katz‘ Haltung zu Florian kommt es zwischen den Freunden jedoch zum Streit. Sind die beiden dabei auseinanderzudriften?
Ja, das ist ein richtiger Streit, und klar driftet man auseinander in so einem Streit. Aber solche Streits gehören für mich unbedingt zu einer Freundschaft dazu. Mein Verständnis von Freundschaft ist, dass man richtige, tiefgehende Gespräche miteinander führt und nicht so ein komisches "Wir sind ja sowieso immer einer Meinung". Ich kenn es nicht anders, als dass man den anderen auch mal echt in Frage stellt und dass das zu einer gegenseitigen Infragestellung führt. Alles andere wäre in meiner Welt eine ganz oberflächliche Kumpelhaftigkeit. Wotan und ich wollen eine wirkliche Freundschaft als eine Form von Beziehung zeigen, und wenn man will, kann man diesen Streit auch als einen Beziehungsstreit sehen. Da geht man schon manchmal sehr weit.
Dem Freund vorzuwerfen, er wisse gar nicht, was Verantwortung sei, gleich nachdem man selbst Vater geworden ist, hat auch was ... Arrogantes.
Ja, das gilt dann aber auch umgekehrt. Der Falke kommt mit leichtem Weekender-Gepäck auf die Insel gereist und weiß gleich alles besser. Dabei hat er keine Ahnung. Anstatt sich in den Freund einzufühlen und nachzuvollziehen, dass das eine echt schwierige Situation ist, setzt er sich hin und sagt, was du hier machst, kann ich ja überhaupt nicht nachvollziehen. Damit überschreitet Falke genauso eine Linie. Außerdem darf man doch ruhig mal fragen, was für eine Verantwortung er denn in seinem Leben übernimmt. Falke Bindungsunfähigkeit vorzuwerfen, ist zwar hart, aber legitim.
Schließlich kommt es zum worst case: Die Ermittler machen einen Fehler, und es ist unklar, ob Florian überlebt. Mimi gibt Falke die Schuld dafür und Jan solidarisiert sich nicht mit ihm. Ein sehr einsamer Moment für Falke ...
Ich bin zwar absolut der Meinung, dass eine Freundschaft so was aushalten muss; eine echte Freundschaft muss Krisen und Konflikte und auch Phasen der der Funkstille überstehen. Aber Sie haben natürlich insofern Recht, als hier in diesem Film ein Ungleichgewicht sichtbar wird, das die Freundschaft vor eine Belastungsprobe stellt. Auf der einen Seite fordert Katz die Freundschaft komplett ein, und auf der anderen Seite ist die Bindung zu seiner Frau natürlich jetzt eine stärkere als die zu Falke. Unter all den Animositäten liegt die Frage: Sind wir noch beste Freunde oder sind wir es eigentlich nicht mehr, weil du jetzt eine Familie und ein Kind hast?
Und? Sind sie es?
Ja, in jedem Fall. Und ich finde es gut, wenn wir hier eine gewisse Konvention davon aufbrechen, wie Freundschaft ist. Es gibt, glaube ich, einen Unterschied zwischen dem, wie man Freundschaften eigentlich aus dem Leben kennt, und dem, wie man Freundschaft im Film oder im Fernsehen häufig vorgeführt bekommt. Sind Sie beide auch privat miteinander befreundet?
Wotan kenne ich erst, seit wir drehen, aber ich schätze ihn wirklich unglaublich. Ich mag den sehr, sehr gerne. Und die Arbeit mit Wotan ist für mich das absolute Herzstück dieser Arbeit, der Grund, mit Freude dabei zu sein. Einfach, weil wir vieles sehr ähnlich sehen.
Das Verhältnis zwischen den beiden Männern verspricht spannend zu bleiben. Wie ist denn das Verhältnis zwischen Katz und Katharina Lorenz?
Dazu kann man momentan noch nicht viel sagen. Wir stehen ja noch am Anfang, und es gab beispielsweise noch nie eine Szene zwischen Katz und Lorenz alleine. Aber was mir gefällt, ist, dass wir auch hier so ein bisschen gegen das Klischee oder die klassische Rollenaufteilung anerzählen. Der Falke ist ja die Nummer eins, und Lorenz und Katz sind, wenn man so will, seine rechte und seine linke Hand. Das Klassische wäre jetzt, dass die Frau emotional besetzt ist und der männliche Sidekick eher der kühle Denker. Aber in unserem Fall wird es eher umgekehrt sein. Sie ist die analytische Denkerin und Katz eher der emotionalere Typ. Das finde ich interessant.
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