Gespräch mit Wotan Wilke Möhring
(Thorsten Falke)
Der neue Film mit Kommissar Thorsten Falke spielt auf Langeoog. Wie gefiel Ihnen das Arbeiten dort?
Wir wollten die Abgeschiedenheit einer Insel für diesen Film, und alles, was wir uns vorgestellt hatten, haben wir auf Langeoog vorgefunden. Natürlich brachten die besonderen Bedingungen dort auch viele Herausforderungen mit sich, aber es ist ja auch mal was anderes, mit dem Fahrrad oder mit der Kutsche zum Drehort zu fahren. Wir hatten die meiste Zeit Glück mit dem Wetter, nur nachts war es noch ziemlich kalt. Aber wir haben nicht nur die Schönheit der Insel genossen, sondern auch die Freundlichkeit der Leute dort, die stolz auf ihre Heimat sein können und sich gefreut haben, dass wir auf ihrer Insel gedreht haben.
Falke besucht seinen Freund Jan Katz und dessen Familie. Katz hat sich aus dem Ermittlungsdienst zurückgezogen. Fällt es Falke immer noch schwer, diese Entscheidung nachzuvollziehen?
Nein, das würde ich nicht sagen, er hat das inzwischen schon akzeptiert, aber für ihn wäre das nichts. Für sich selbst könnte er sich das alles nicht vorstellen. Falke braucht die Stadt und würde dieses Leben auf Dauer nicht aushalten.
Als Katz' Schwager Florian unter Mordverdacht gerät, schaltet Falke sich dem Freund zuliebe in die Ermittlungen ein. Wie schätzt er den jungen Hauptverdächtigen ein?
Das ist eine vertrackte Situation für ihn, denn natürlich will er aufgrund der familiären Verbindungen Florians zu Jan Katz lieber nicht rausfinden, dass der Junge es getan hat. Das gehört zu den Dingen, die diesen Fall sehr von herkömmlichen Fällen unterscheidet. Erstens hat Falke keinen offiziellen Ermittlungsauftrag, weil er auf Langeoog gar nicht zuständig ist; dass er sich da einbringt, ist ein reiner Freundschaftsdienst. Und zweitens ist es ja normalerweise so, dass der Kommissar versucht, einem Verdächtigen seine Schuld nachzuweisen. Hier tritt Falke jedoch an, um Beweise für die Unschuld des Jungen zu finden. Dass mit Florian irgendwas nicht stimmt, ist ja offensichtlich. Er benimmt sich seltsam, erschrickt sogar vor einem bellenden Hund und beißt sich die Finger blutig. Auch die Indizien sprechen gegen ihn. Es scheint überhaupt alles gegen Florian zu sprechen, aber genau das ist es, was Falke stutzig macht. Sein Bauchgefühl sagt ihm, dass hier etwas nicht stimmt.
Zusammen mit Katz hat Falke lange Zeit ein männliches Ermittlerduo gebildet. Wie geht es ihm damit, in diesem Fall auf einmal mit zwei Frauen dazustehen?
Falke ist ein impulsiver Typ, und es fällt ihm schwer, sich ständig zurückzunehmen, zumal er ja auch emotional in diesen Fall involviert ist. Einerseits möchte er sich engagieren und die Sache voranbringen, andererseits muss er die Arbeit der leitenden Ermittlerin natürlich respektieren. Dass Katharina Lorenz sich ihm zugesellt, erleichtert ihm die Situation jedoch sehr.
Sie reist ebenfalls aus Hamburg an. Lernt Falke die junge Kollegin nun richtig zu schätzen?
Ja, und im Gegensatz zu ihm kommt Katharina Lorenz ja mit einem Auftrag auf die Insel. Die Behörden in Aurich haben ein Amtshilfeersuchen gestellt; so kann Katharina Lorenz ganz offiziell in den Fall einsteigen und der Leiterin der Ermittlungen zuarbeiten. Und es zeigt sich, dass die junge Kollegin auf ihre Art außerordentlich wichtige Dinge zur Klärung des Falls beiträgt. Sie ist eine ideale Ergänzung für ihn, und während er im ersten Film zunächst noch befürchtet hat, dass sie ständig an ihm rumnörgeln wird, weil sie so anders tickt als er, erweist sich nun, dass sie einfach klug ihre Arbeit macht und ihn so sein lässt, wie er ist.
Jan Katz ist angespannt. Das Thema Florian ist ein Reizthema zwischen ihm und seiner Frau Mimi. Auch Falke und Katz sind sich offenbar nicht einig, was seine Einstellung zu Florian angeht ...
Falke kommt ja von außen dazu, und er sieht, dass sich hier eine schwierige Dreieckssituation etabliert hat. Katz und Florian stehen zwar nicht direkt in Liebeskonkurrenz um Mimi, aber sie hat hier eine duale Funktion als Schwester und als Ehefrau, und das führt zu Konflikten. Falke sieht natürlich, dass Florian eine Irritation bildet und den Ehefrieden stört, dass da Dinge unausgesprochen bleiben. Deshalb spricht er Katz darauf an und Katz verteidigt seine Haltung. Dass die beiden streiten, ist nichts Negatives; es gehört zu ihrer Art von Freundschaft dazu, dass sie sich ehrlich ihre Meinung sagen. Wenn man dem anderen immer nur nach dem Mund plappert, hat die Freundschaft keinen Wert.
Als Florian vermisst wird, gibt Mimi Falke die Schuld an einem möglichen Unglück, und Katz springt seinem Freund nicht bei. Fällt damit ein Schatten auf die Freundschaft?
Ein Schatten ist vielleicht zu viel gesagt. Es ist eher so, dass Falke hier etwas Wichtiges begreift. Sein Freund hat sich für Familie und Verantwortung entschieden und das heißt auch, dass er nicht mehr nur für sich alleine entscheidet, sondern Rücksichten auf andere zu nehmen hat. Ihm ist klar, dass Katz sich hier nicht anders verhalten kann, dass er seiner Frau in dieser Situation beistehen muss, auch wenn er dem Freund vielleicht gern auch andere Signale geben würde. Falke versteht das, auch wenn die Situation ihm natürlich emotional zusetzt. Zugleich begreift er in dem Moment auch, dass er in dem Punkt anders ist als sein Freund, dass er sich für sich selbst nicht vorstellen kann, die Freiheit aufzugeben, immer nur von sich auszugehen und frei zu agieren. Für ihn kommt das nicht in Frage. Was aber nicht heißt, dass er nicht weiter mit Jan Katz befreundet sein kann; es gibt eben nur Dinge, die die beiden nicht teilen, und hier ist so ein Moment, in dem sich das klar herauskristallisiert.
Was ist Ihnen von den Dreharbeiten als besonders in Erinnerung geblieben?
Ich hab ja damals gesagt, dass ich den Tatort-Kommissar spielen möchte, weil ich mal der sein will, der bleibt. Während andere kommen und gehen, während sich immer wieder neue Konstellationen bei Regie und Buch ergeben. Das hat mich gereizt, und das löst sich jetzt auch ein. Ich fand’s toll, dass ich hier wieder angetreten bin als Thorsten Falke, zusammen mit meinen Kollegen Petra Schmidt-Schaller und Sebastian Schipper natürlich, und dass da ein neuer Regisseur war, der wieder eine andere Arbeitsweise hat, eine andere Ästhetik anstrebt, eine andere Atmosphäre verbreitet. Und doch arbeiten wir weiter an denselben Figuren. Das finde ich sehr spannend.
Sind Sie an der Entwicklung der Drehbücher beteiligt?
Ja, natürlich. Ich arbeite sehr konkret daran mit, wie sich die Figur entwickelt und wie es weitergeht mit unserem Konzept.
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