Fragen an Sabine Postel und Oliver Mommsen
"Ein absolut spannendes Psycho-Drama"
Frau Postel, der Bremer Tatort wird 20 – das verbinden die Zuschauer mit Ihnen in der Rolle der Hauptkommissarin Inga Lürsen. Für Sie wurde diese Figur ja damals entwickelt. Was hat Inga Lürsen in dieser Zeit gelernt?
Sabine Postel: In all den Jahren hat Inga es geschafft, mutig und aufrecht zu bleiben und sich nicht verbiegen zu lassen. Ihr sozial-politisches Engagement ist ihr nie verloren gegangen und sie glaubt weiterhin daran, dass es Sinn macht, dafür zu kämpfen, dass die Gerechtigkeit siegt. Gelernt hat sie aufgrund ihrer Jahrzehnte langen Erfahrung ihre Ziele weniger impulsiv, weniger spontan, sondern ruhiger und strategischer zu verfolgen. Erfahren musste sie aber auch, dass der Kampf gegen das Verbrechen oft nicht von Erfolg gekrönt ist, wie zum Beispiel im Tatort "Brüder“, was dazu geführt hat, dass sie sich im Laufe der Jahre noch mehr ihrem Beruf verschrieben, ihr Privatleben geopfert und noch einsamer geworden ist.
Herr Mommsen, Sie sind in der Rolle des Hauptkommissars Stedefreund seit 16 Jahren dabei. Was hat Stedefreund in dieser Zeit Gutes gelernt – und was nicht?
Oliver Mommsen: Der hat nur Gutes gelernt! Am meisten natürlich von dem kleinen blonden emotionalen Kraftwerk Inga Lürsen an seiner Seite. Dann hatte er 16 Jahre Zeit, um Erfahrungen als Kommissar zu sammeln und ist meiner Meinung nach echt auf 'nem guten Weg. Der kann was! Aber wenn wir schon von 20 Jahren Inga Lürsen reden, müssen wir auch von 20 Jahren Sabine Postel reden. Und die ist einfach unschlagbar!
Im aktuellen Tatort "Nachtsicht" sieht es so aus, als hätten es die Bremer Kommissare Inga Lürsen und Stedefreund mit einem Serienmörder zu tun. Was bedeutet das für die Vorgehensweise der Kommissare?
Sabine Postel: Ja, bei diesem Tatort handelt es sich eben nicht um einen klassischen "Who done it", bei dem am Anfang ein Mord passiert und der Zuschauer im Laufe des Films die ermittelnden Kommissare bei der Tätersuche begleitet. Hier haben wir relativ schnell einen Tatverdächtigen und es beginnt ein Kampf gegen die Zeit. So entwickelt sich ein absolut spannendes Psycho-Drama.
Oliver Mommsen: Ich nähere mich der Sache als Schauspieler eher auf der emotionalen Ebene. Ich glaube, dass alle wahnsinnig angespannt sind, weil ja immer noch ein Täter frei rumläuft und mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nicht aufhören wird zu morden.
Als Bremer Kommissare haben Sie regelmäßig mit Morden zu tun. Interessieren Sie sich eigentlich auch im realen Leben für Verbrechen und polizeiliche Ermittlungsarbeit?
Oliver Mommsen: Klar, ich hab als Kind schon wahnsinnig gerne Räuber und Gendarm gespielt. Aufspüren, kombinieren, taktieren, anschleichen und dann hoffentlich fangen. (lacht) Aber wie schon oft gesagt: Ich bin sehr dankbar, dass wir am Ende des Tages mit unserer Leiche noch 'nen Kaffee trinken können.
Sabine Postel: Ganz ehrlich: Ich habe mich erst für Verbrechen und deren Aufklärung verstärkt interessiert, als ich wusste, dass ich Tatort-Kommissarin werden würde. Ich hatte damals die Erlaubnis, bei der Schutzpolizei mitzufahren. Dazu kamen viele Gespräche mit Bremer Kripobeamten und Polizisten. Das hat meine Sichtweise auf Drehbücher natürlich beeinflusst. Und da wir ja bei unseren Tatorten immer versuchen – soweit es bei einem fiktionalen Stoff geht – so realistisch wie möglich zu agieren, fand ich das für mich persönlich auch sehr hilfreich.
Welche Kriminalfälle reizen Sie in der Rolle als Bremer Hauptkommissare am meisten?
Oliver Mommsen: Alle! Aber am schönsten ist es, wenn du als Figur emotional in den Fall mit reingezogen wirst. Oder es passiert etwas anderes, wie zum Beispiel mit Frau Selb (BKA-Kollegin, gespielt von Luise Wolfram), die auch diesmal Stedefreunds Leben kreuzen und durcheinander bringen wird.
Sabine Postel: Ich habe auch keine Vorliebe für spezielle Verbrechen. Interessant ist es, wenn wir in die Psyche der Täter eintauchen können, das Umfeld – zum Beispiel die familiäre Situation – spannend ist oder, wie oft bei uns, politische oder soziale Themen eine Rolle spielen. Natürlich ist es für mich als Schauspielerin besonders interessant, wenn Inga Lürsen auch persönlich involviert oder betroffen ist.
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