Theresa von Eltz über ihren Film

Regie

Im Bild (v.l.): Johannes Kiebranz, Daniel Donskoy, Theresa von Eltz (Regie), Alwara Höfels, Karin Hanczewski, Sven Döbler (Redakteur MDR), Juan Sarmiento (Kamera)
Am 15. November 2017 beginnen in Dresden die Dreharbeiten zum neuen MDR-"Tatort: Wer jetzt allein ist" (AT). In ihrem sechsten Fall ermitteln die Kommissarinnen Henni Sieland (Alwara Höfels) und Karin Gorniak (Karin Hanczewski) inmitten von enttäuschter Liebe und Einsamkeit in der Welt des Onlinedatings. | Bild: MDR/Wiedemann & Berg/Daniela Incoronato

»Es ist eine ganz eigene Herausforderung, seinen ersten Tatort zu drehen. Es fühlte sich für mich ein bisschen an wie die Vorbereitung meines ersten Kinospielfilms. Ich bin sehr glücklich, mein Tatort-Debüt mit einem be- sonderen Fall für das Dresdner Team geben zu dürfen. Dresden als Tatort-Stadt und das Ermittler-Trio sind für mich sehr spannend, weil dieser Tatort noch sehr jung ist. Der Vorteil daran ist, dass die Regie bei der Figurenzeichnung noch intensiv und anders mitgestalten kann.

Das Drehbuch zu "Wer jetzt allein ist" von Erol Yesilkaya hat mich unterhalten und gleichzeitig nachdenklich gestimmt. Ich war amüsiert und betroffen zugleich. Das empfand ich als eine gute Voraussetzung für einen unterhaltsamen und spannenden Kriminalfilm. Jedoch besteht hierin auch die Schwierigkeit. Online-Dating Netzwerke verdeutlichen für mich die Vereinsamung und Isolierung von Menschen. Es gibt viele Menschen unter uns, die eine Sehnsucht nach Nähe empfinden und gleichzeitig hilflos sind. Dies wird durch das Kommunizieren im Netz in rasantem Tempo artikuliert und ebenso förmlich erzwungen. Manchmal glückt das sogar in der Realität und kommt überein, in diesem Fall wird es zu einer ganz akuten Gefahr.

Die vermeintliche Harmlosigkeit der einfachen Kommunikationswege, die das Internet mit sich bringt, beschäftigt mich. Die Missverständnisse, die durch das Kommunizieren im Netz entstehen, sind unvermeidbar, führen zu Verletztheit und in unserem Fall sogar zu Mord. Die Gefahr besteht darin, dass manchmal nur ein sehr schmaler Grat zwischen Spiel und existentieller Bedrohung besteht, weil die Welten anfangen zu verwischen und zu einer neuen Realität werden.

Obwohl die potenziellen Täter früh für den Zuschauer erkennbar sind, wollten wir mit dem Eintauchen in diese Struktur sowie der empathischen Ermittlungsarbeit der Kommissarinnen einen spannenden und atmosphärischen Krimi erzählen. Ich integriere mein Team immer sehr früh in meine Arbeit. Alle sind stets informiert und es gibt immer einen anregenden kreativen Austausch zwischen den einzelnen Departments. Das ist mir wichtig.

Für Juan Sarmiento (DOP) und mich stand relativ früh fest, dass wir sehr filmisch an diesen Krimi herangehen wollen und durch lange Einstellungen und eine gezielte Choreographie der Schauspieler bei diesem Projekt die Spannung erzeugen wollen. Elena Lustig, die Editorin des Films, geht immer wieder sehr einfühlsam und bedacht mit dem gedrehten Material um und gemeinsam mit ihr entstand der spezielle und sehr spannende Rhythmus des Films. Der Komponist Christian Meyer komponierte die Musik, die ganz wichtig für das Genre des Films ist. Die Arbeit mit den Dresdner Kommissaren Sieland (Al- wara Höfels), Gorniak (Karin Hanczewski) und Schnabel (Martin Brambach) war für mich als Tatort-Debütantin eine spannende und intensive Aufgabe. Die Schauspielerinnen und Schauspieler begegneten mir mit einer unbändigen Spielfreude und Mut, so dass die Arbeit am Set stets eine Bereicherung war.

Während der Schauspielarbeit mit den beiden Ermittlerinnen Karin Gorniak und Henni Sieland war es ganz entscheidend für mich, begreifbar zu machen, warum eine Ermittlerin relativ schnell in eine sehr prekäre Lage gerät, aus der sie schlecht wieder rausfindet, weil sie sich emotional gebunden fühlt. Die Nähe und Faszina- tion zu einem potenziellen Täter, das "Nicht-Widerstehen-Können" seiner Manipulationen, aber eben auch immer wieder die Verantwortung des eigenen Berufs, nämlich dem der Ermittlerin, war für uns ein charakteristischer Konflikt in der Figurenzeichnung, besonders von Karin Gorniak. Hinzu kommt der nicht unwichtige Aspekt der Freundschaft und Kollegialität zwischen Henni Sieland und Karin Gorniak, die während dieses Falls auf die Probe gestellt werden, sowie die Belastungen, die dieser Beruf mit sich bringt.

Die Schauspieler Aleksandar Jovanovic und Daniel Donskoy könnten unterschiedlicher nicht sein. Beides sind für mich aufregende, spielfreudige und sehr talentierte Schauspieler. Vor allem ist es die Spiellust, die ich bei Schauspielern spüren muss. Auch Kyra Sophie Kahre und Svenja Jung haben mit ihrem Ehrgeiz, ihrer Energie und Lust und ihrer Genauigkeit meine Arbeit am Set sehr bereichert. Auch kleinere Rollen sind mir immer sehr wichtig und stellen stets einen elementaren Baustein für meine Arbeit dar. So hatte ich das Glück, mit Theaterschauspielern des Staatsschauspiels Dresdens wie z.B. Viktor Tremmel und Oliver Simon zu arbeiten. Bei allen Rollen war die Casterin Iris Baumüller eine wunderbare Unterstützung und Ratgeberin.

Im Großen und Ganzen ist es im deutschen Fernsehen sehr wichtig, dass einem das Vertrauen entgegenge- bracht wird, kreativ sein zu dürfen. Die Offenheit und das Vertrauen, das mir durch die Produzentin Nanni Erben und die Producerin Tanja Marzen von der Produktionsfirma Wiedemann & Berg Television, der Degeto und durch die MDR-Programmchefin Jana Brandt sowie den Redakteur Sven Döbler entgegengebracht wurde, war ganz entscheidend für die künstlerische Herangehensweise und Freiheit, die ich bei diesem Projekt deutlich gespürt habe. Dafür bedanke ich mich.«



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