Gespräch mit Lars Eidinger
Ich war immer ein großer Fan von Schimanski. Weil er die Grenzen von Gut und Böse durch die Widersprüchlichkeit seines Charakters in Schwingung versetzt hat. Als Zuschauer sah ich mich immer in dem Konflikt zwischen Antipathie und Sympathie. Das macht ihn zu einem Menschen und befreit ihn von der romantischen Verklärung eines klassischen, zum Klischee verkommenen Filmhelden.
Was macht Ihnen Hoffnung am Guten im Menschen?
Ich glaube nicht an das rein Böse im Menschen. Letztendlich handeln Menschen nie einzig aus dem Grund, Schlechtes zu tun. Im Gegenteil sind ihre Motive aus ihrer ureigenen Logik, ihrem Verständnis und ihrer Weltsicht heraus oft gut. Was allerdings nicht als Entschuldigung, sondern vielmehr als Erklärung zum Verständnis dienen soll. Mir gefällt Hamlets Satz aus Shakespeares "Hamlet": "For there is nothing either good or bad, but thinking makes it so."
Was hat sie daran gereizt, nochmals zum Kieler " Tatort“ zurückzukehren?
Erst einmal fand ich es reizvoll, Teil des ersten "Tatort"-Sequels überhaupt zu sein. Dass der Mörder wiederkehrt, hat es ja bisher in der "Tatort“-Geschichte noch nicht gegeben. Wobei man dazu sagen muss, dass weder Christian Alvart noch Sascha Arango damals mit dem offenen Ende von "Borowski und der stille Gast" auf eine Fortsetzung spekuliert haben. Vielmehr reizte sie der Schockeffekt, die Folge mit der überraschenden Flucht des Mörders enden zu lassen. Erst als der Fall so viel Aufmerksamkeit bekam, nahm die Idee einer Fortsetzung Gestalt an. Für mich als Schauspieler war es eine reizvolle Herausforderung, die Entwicklung einer Figur zu erzählen, die über die Dauer einer "Tatort"-Episode hinausgeht. Ein Privileg, das sonst nur Darsteller der Kommissarfiguren haben.
Kann man nach der langen Pause zwischen den "Stillen Gast"-Episoden in seine Figur schlüpfen wie in einen vertrauten Mantel oder mussten Sie sich den unheimlichen Dämon erst wieder neu erarbeiten?
Der Unterschied besteht schon allein darin, dass mit Claudia Garde eine andere Regisseurin die Geschichte weitererzählt. Das heißt, man knüpft nicht einfach an die bisherige Arbeit an, sondern erzählt die Geschichte anders weiter. Auch Claudia Gardes Sicht auf die Figur Kai Korthals spielt dadurch in meine Interpretation rein.
Kai Korthals hat sich seit dem Vorläufer "Borowski und der stille Gast" nicht nur äußerlich verändert. Was ist aus ihm im Inneren geworden?
Um unentdeckt zu bleiben, hat sich Kai Korthals noch mehr zurückgezogen. Die Isolation führt zu Realitätsverlust und Psychosen, wie zum Beispiel die Wahnvorstellung einer imaginären alten Dame, die er "Omi" nennt und mit der er meint zusammenzuleben. Das heißt, man könnte von einer Verschärfung seines geistigen Zustands sprechen, der auch das Stottern und andere Auffälligkeiten seines Verhaltens verstärkt.
Was wünschen Sie sich für die Figur Kai Korthals?
Dass er auch in anderen "Tatort"-Reihen auftaucht und dort den einen oder anderen Kommissar aus dem Weg räumt. Oder vielleicht sogar eine eigenen Reihe.
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