Interview mit dem Komponisten Jakob Grunert
Herr Grunert, Sie haben sowohl für den neuen Bremer "Tatort: Alle meine Jungs" als auch für den "Tatort: Er wird töten" die Filmmusik komponiert. Was ist das Besondere an Ihrer Zusammenarbeit mit Florian Baxmeyer, den Sie auch schon von "Die drei ???" kennen?
Es ist zunächst einmal eine sehr freundschaftliche. Es macht großen Spaß mit Florian zu arbei-ten. Über Filmmusik kann man ja eigentlich schwer reden, daher ist es bei uns von Vorteil, dass wir uns schon lange kennen und vertraut sind. An Florian schätze ich zudem, dass er sehr präzise sagen kann, was er sich vorstellt, und mich dann entwickeln lässt.
Ab wann werden Sie in den Prozess, eine Filmmusik zu komponieren, eingebunden?
Meistens fängt es schon mit dem Lesen des Drehbuchs an – und das ist mir auch am liebsten. Dann kann ich schon anfangen, Themen zu den Personen, zu den einzelnen Strängen entwickeln. Früh eingebunden zu sein, hat zudem für alle den Vorteil, dass im Schnitt schon etwas von der späteren Musik vorhanden ist und nicht so viel Fremdmusik eingesetzt werden muss. Dadurch bekommt man von Anfang an ein ganz anderes Gefühl für die Geschichte.
Der "Tatort: Alle meine Jungs" lebt in einigen Szenen von einer leichten Überhöhung. Hat Ihnen das beim Komponieren geholfen?
Auf jeden Fall. Eine Überhöhung oder Überzeichnung ist sehr hilfreich, eine Musiksprache zu entwickeln. Sie bietet auch die Möglichkeit, etwas Ungewöhnliches zu entwerfen und dafür ist Florian Baxmeyer erfreulicherweise immer offen.
Welche Funktion hat Ihrer Meinung nach Filmmusik?
Im besten Fall unterstützt sie, im schlimmsten Fall soll sie dem Zuschauer ganz klar zeigen, was er zu fühlen hat. Je weniger Musik ein Film braucht, desto besser ist es meiner Meinung nach. Ich bin ein Freund von reduzierter Musik, ich mag es insgesamt lieber minimalistisch, weil man damit auch eine weitaus größere Wirkung erzielt. Es ist doch grausam, wenn man zu 80 Prozent mit Filmmusik zugeballert wird. Man hat dann den Eindruck, als ob die Macher dem Film selbst nicht vertrauen. Als Komponist stellt man sich in den Dienst des Films. Damit möchte ich uns Komponisten aber nicht klein reden. Denn gute Filmmusik funktioniert ja auch, ohne den Film zu sehen.
Ihr schräger Song "Der Tourist feat. Friedrich Liechtenstein – Supergeil" ist seit Oktober 2013 auf dem Markt und feiert inzwischen mit über fünf Millionen Klicks im Netz Erfolge. Wie erklären Sie sich den aktuellen, plötzlichen Hype Ihres viralen Werbespots im In-und Ausland?
Das ist ein Phänomen, das auch mich umgehauen hat. Den ersten Erfolg im Herbst habe ich mir damit erklärt, dass der Song animiert, mitzumachen – ja, er ist ein Mitmach-Song! Der Riesenerfolg liegt sicher an der Kombination aus dem Song, dem Entertainer Friedrich Liechtenstein und dem dazugehörigen Clip. Als die Werbeagentur uns beauftragt hat, das Video für eine Supermarktkette zu entwickeln, haben sie uns absolute Freiheit gelassen. Das hat gut funktioniert. Inzwischen gibt es etliche abgewandelte Versionen. Sogar die Fußballmannschaft von Werder Bremen hat im aktuellen Sportstudio eine "Derby-Version" des Songs performt. Das freut mich, das ist doch super!
Apropos "super". Ist das Wort "super" aus Ihrer Sicht eigentlich zeitgemäß?
Gute Frage (lacht). Eigentlich gehört "super" nicht zu meinem Sprachstil, aber seitdem ich den Text zu dem Song geschrieben habe und mich zwangsläufig mit diversen Kombinationen mit dem Wort "super" beschäftigt habe, ist mir aufgefallen, wie oft "super" und auch "supergeil" im Sprachgebrauch auftauchen. Also eigentlich ist "super" ein Klassiker, ein Evergreen, ein Dauerbrenner!
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