Interview mit Ivo Priebe
Leiter der Stabsstelle Presse und Öffentlichkeitsarbeit im Bundespolizeipräsidium
Die "Tatort"-Ermittler Falke und Lorenz arbeiten nun für die Bundespolizei. Für welche Arten von Straftaten sind sie damit – grob gesagt – zuständig?
Die Bundespolizei ist überall da, wo sie Gefahren abwehrt, auch für die Strafverfolgung zuständig. Also beispielsweise im Bahnbereich, bei Landfriedensbrüchen, bei Umweltstraftaten auf hoher See, bei unerlaubter Einreise im Grenzbereich, Schleusungstatbeständen und organisierter Kriminalität. Insofern ist die Grundthematik, die in diesem "Tatort" berührt wird, auf jeden Fall auch ein Thema für die Bundespolizei.
Falke spricht im Film flapsig von schnelleren Autos und besseren Waffen bei der neuen Behörde. Ist da was dran? Ist die Bundespolizei aufgrund ihrer speziellen Aufgaben besser ausgestattet als andere Polizeibehörden?
(Lacht) Schnelle Autos hab ich in dem Film keine gesehen. Wenn ich mich recht erinnere, fuhr der Ermittler dort einen ziemlich alten Citroen. Insgesamt kann man sagen, dass die Fahrzeugausstattung unserer Inspektionen Kriminalitätsbekämpfung so ist, dass die Observationen, die durchgeführt werden müssen, auch leistbar sind. Will heißen: Wir haben durchaus gute, schnelle Autos. Grundsätzlich haben wir die Einsatzmittel, die wir brauchen, um effektiv arbeiten zu können. Das kann mal ein hochmotorisiertes Kfz sein, aber es kann auch mal ein Bauwagen sein, wenn es beispielsweise um Observationszwecke geht.
Falke und Lorenz gehören einer Ermittlungsgruppe an, die Verbrecher am Jade Weser Port dingfest zu machen versucht. Eine alte Schule wird vorübergehend zum Basislager. Ein realistisches Szenario?
Es ist zumindest nicht völlig ausgeschlossen, dass wir, wenn wir irgendwo einen spontan aufgetretenen Brennpunkt haben, Räumlichkeiten anmieten und dort entsprechend für ein paar Tage, Wochen, Monate, je nachdem, ermitteln. Auch bei der Bundespolizei kommt es vor, dass mobile Befehlsstellen eingerichtet oder mobile Ermittlungsgruppen im Raum disloziert werden, die entsprechend provisorische Räumlichkeiten beziehen. Aber es ist insgesamt eher die Ausnahme.
Und solche Wechsel von Mitarbeitern von einer Behörde zur anderen sind prinzipiell möglich?
Ja, das ist grundsätzlich denkbar. Gerade wenn es um den Bereich der Kriminalitätsbekämpfung geht, kommt das im Einzelfall durchaus vor.
Wie sehen denn solche Ermittlergruppen normalerweise aus?
Es gibt grundsätzlich immer einen, der den Hut aufhat, und dann, je nach Fall und Aufwand, zwei, drei, vier, fünf, sechs oder mehr Mitarbeiter. Es ist üblich, dass unsere Ermittler sich auf bestimme Gebiete spezialisieren, wir haben zum Beispiel spezielle Bahnermittler, Leute, die sich um bestimmte Delikte beim Fußball kümmern, oder Spezialisten, die für Schleusungssachverhalte, Urkundenfälschung usw. zuständig sind.
Falke und Lorenz kommen in "Kaltstart" mit afrikanischen Flüchtlingen in Berührung. Wie erging es Ihnen mit diesen Szenen?
Mit dem Thema Schleusung wird hier ein wichtiges und aktuelles Thema bearbeitet, das uns mehr und mehr betrifft. Ich komme selbst aus dem operativen Bereich, war früher auf Bahnhöfen und Flughäfen tätig. Wenn Sie dann vor einer Familie mit kleinen Kindern stehen und Ihr Job ist es, dafür zu sorgen, dass die das Flugzeug besteigen und in ihre Heimat zurückfliegen, sind Sie natürlich nicht frei von Emotionen und Gefühlen als Bundespolizist. Man ist ja selber Vater, Sohn usw.. Insofern ist das schon nicht unrealistisch. Aber wir als Beamte der Bundespolizei entscheiden natürlich nicht, welche Gesetze wir vollziehen und welche nicht. Abschiebungen und den Vollzug entscheidet nicht die Bundespolizei, sondern Ausländerbehörden und Gerichte. Zuweilen kommt meines Erachtens in der öffentlichen Diskussion auch etwas zu kurz, dass es bei all dem nicht um Flüchtlinge geht, sondern um unerlaubt Eingereiste. Wir als Bundespolizei ermitteln Straftatbestände und bekämpfen Schleuser – und keine Flüchtlinge. Alles, was wir machen, machen wir auf einer gesetzlichen Grundlage. Der Kampf gegen Schleusungskriminalität ist zudem nur ein kleiner Teil des umfangreichen Aufgabengebiets der Bundespolizei.
Sieht man sich als Polizeibeamter eigentlich gern Krimis an? Oder sucht man in der Freizeit eher Abstand von jeder Art von Verbrechen?
Ja, natürlich, ich gucke sogar sehr gerne Krimis, aber ich vergleiche die Realität, wie ich sie tagtäglich erlebe, nicht ständig mit dem Film. Mich interessiert, wie jeden normalen Zuschauer, in erster Linie, ob die Geschichte gut und spannend erzählt ist und ob sie mich überrascht oder nicht. Auch aus dem Kollegenkreis weiß ich von vielen, dass sie gern Krimis sehen. Die bilden eben nicht die Realität ab, sondern sie sind gute Unterhaltung. Was auf "Kaltstart" in jedem Fall zutrifft, den ich nun jetzt schon sehen konnte. Der ist toll gemacht. Ich persönlich freue mich, dass es jetzt auch erste "Tatort"- Ermittler der Bundespolizei gibt. Das zeigt uns natürlich auch, dass die Bundespolizei insgesamt wahrgenommen wird.
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