Interview mit Axel Milberg
Klaus Borowski
Man erfährt noch etwas Neues über Borowski: Er hat leichte klaustrophobische Anwandlungen. Wie kam es dazu?
Ich habe dieses kleine U-Boot – die Jago – schon mal vor ein paar Monaten bei Geomar besichtigt. Und von außen betrachtet ist es schon schön. Aber als es jetzt hieß, dass ich da rein klettern müsste, habe ich es mir genauer angeschaut und gesagt: "Freunde, das könnt ihr vergessen!". Das U-Boot ist so groß wie ein Koffer. Da kann man sich nur reinlegen. Allein bei der Vorstellung wurde mir schon ganz anders, so eingeschlossen unter Wasser eine Stunde darin zu hocken. Und alle, die sagen, dass das doch Spaß mache, die lügen in meinen Augen. Da drinnen rast der Puls, der Schweiß bricht aus und man bekommt Panik in den Augen. Man muss sich das so vorstellen, als ob man in einem engen Lift für zwei Personen mit einem Fremden steht. Man kann sich ohnehin schon nicht rühren und dann bleibt der Lift auch noch stecken. Man denkt natürlich, Hilfe kommt gleich, aber das dauert und dauert. Wie fühlt man sich dann? Was ist, wenn die Hilfe nicht kommt? Das alles ging mir durch den Kopf, ich habe es gesagt, und daraufhin wurde die Klaustrophobie Borowskis eingebaut.
Wie war es denn dann, als es Ernst wurde mit dem U-Boot?
Am Drehtag bin ich reingeklettert und dann gleich wieder raus. Dann habe ich versucht, mich gedanklich so zu führen, dass ich es schaffen könnte. Begleitet wurde ich von Jürgen Schauer, dem Piloten und Konstrukteur von Jago – was im Übrigen dazu führte, dass es noch enger wurde. Zu allem Überfluss fiel die Sprachverbindung zur Plattform aus und der Seegang war so bewegt, dass zwischen dem Beginn einer Panikattacke und dem Öffnen der Luke mindestens 20 Minuten vergehen würden, weil das U-Boot erst auf Deck gehievt werden müsste. Beides hat mich dazu gebracht, wieder auszusteigen. Ich habe dann überlegt, dass es gehen würde, wenn wir an der Oberfläche blieben. Wir sind eine Viertelstunde an der Oberfläche geblieben. Dann hat mich Jürgen Schauer gefragt, ob wir tauchen könnten, denn wir brauchten ja die Szene in der Jago mit den Greifarmen, die Stiefel birgt. Alles in allem war ich dann eine Stunde in dem geschlossenen U-Boot.
Borowski wird durch Marte Adam, die von Nicolette Krebitz gespielt wird, an jemanden erinnert. Wer ist das?
Jemand, den Borowski kannte, als er 18, 19 Jahre alt war und von dort weg wollte, wo er aufgewachsen war, und gekniffen hat. Die Nähe, die er zu Marte sucht, könnte aber auch ein ermittlungstechnischer Kniff sein. Borowski ermittelt anders als andere Kommissare. Wenn jemand verdächtig ist, dann ist er freundlich, er flirtet fast. Ihn interessiert der Mensch, er gibt ihm das Gefühl, auch wenn es sich um einen Mörder oder Arschloch handelt, er sei akzeptiert und dass er auf dessen Seite sei. So wie es ein guter Journalist auch macht. Und dann kehrt er mit reicher Beute, nämlich Informationen, die der andere gar nicht geben wollte, heim. Und so macht es Borowski auch: Nähe herstellen und nicht Distanz. Andere Ermittler mögen ihre Verdächtigen anschreien und moralisch verurteilen. Ich halte das für ein völlig falsches Mittel, und wir hören auch von Profis, dass man freundlich verhören muss, um an sein Ziel zu gelangen.
Das Meer ist Lebensraum, Lagerstätte von Rohstoffen, von der Müllkippe nicht zu reden. Was ist das Meer für Sie als Kieler?
Zunächst einmal Kindheit. 20 Jahre ein paar hundert Meter vom Meer aufgewachsen. Da guckt man nicht immer romantisch aufs Meer. Es reicht zu wissen, dass es da ist. Die Möwen kreischen sowieso ohne Unterlass. In der Nähe des Meeres zu leben, ist das große Glück. München am Meer wäre die tollste Stadt der Welt. Wir verbringen auch fast alle Urlaube am Meer, und egal in welcher Stadt der Welt, in der ich schon war und die am Meer liegt, führt mich mein erster Gang zuerst zu ihm. Im Zusammenhang mit Jago habe ich es zum ersten Mal als etwas Bedrohliches empfunden. Einerseits diese Weite und wenn man eintaucht diese Enge. Bei dem Tauchgang war ich plötzlich mit einer ganz persönlichen Urangst konfrontiert, bei der man nicht mehr Schauspieler sein kann, weil sie stärker ist.
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