Interview mit Sibel Kekilli
Sarah Brandt
Inwieweit repräsentiert Sarah Brandt eine starke Frau?
Sie ist selbstbewusst, selbstständig, ehrgeizig und furchtlos.
In "Borowski und das Meer" geht es um starke Frauen. Zum einen die Reederin, die ihre Ziele mit aller Macht durchzusetzen versucht, zum anderen die Ehefrau, die ihren Mann schützt.
Naja, hinter dem Mann zu stehen und den Betrug des Mannes nicht sehen zu wollen ist für mich keine Stärke. Er betrügt sie und sie nimmt ihn dennoch zurück, ohne wenn und aber. Sie wartet auf ihn und befolgt das Eheversprechen "bis dass der Tod euch scheidet", weil sie das als ihre Pflicht sieht. Natürlich kann es eine Stärke bedeuten, einen Betrug bzw. Fehler verzeihen zu können, aber in diesem Fall ist es keine Stärke, sondern Unterwerfung.
Klaus Borowski und Sarah Brandt werden eingesperrt, was für Borowski sehr klaustrophobisch ist. Sarah Brandt scheint das nicht so viel auszumachen. Warum?
Sie lässt eine solche Situation nicht so stark an sich herankommen und kann dadurch ruhiger reagieren als Borowski, für den der Aufenthalt in geschlossenen Räumen eine große psychische Anstrengung bedeutet. Aber so ganz steht Sarah Brandt da auch nicht drüber. Wie stark ihr das zusetzt, bemerkt man, als die Gefahr aufkommt, dass das flackernde Licht in der alten Fabrik einen Epilepsieanfall auslösen könnte. Allerdings lässt sie sich nicht einschüchtern oder ergibt sich ihrem Schicksal. Sie geht aktiv dagegen an, indem sie in dem Fall einfach die Gefahrenquelle zerschlägt.
Inwiefern schlägt sich Sarah Brandts Impulsivität auf die Art nieder, wie sie Zeugen und Verdächtige befragt?
Das kann soweit führen, dass Sarah Brandt sogar körperlich ausflippt, wie z. B. in "Der stille Gast", wenn sie sich mit der einen Zeugin eine Schlägerei liefert. Sie ist manchmal sehr schnell, das heißt, sie redet und handelt schneller als sie denkt beziehungsweise zu Ende denkt. Sie ist nicht gerade geduldig, und das führt manchmal dazu, dass sie durch ihren Ehrgeiz zu schnell zu falschen Ergebnissen kommt.
Brandt und Borowski wirken vertrauter als zu Beginn ihrer Zusammenarbeit. Borowski hat sich zum Beispiel über ihre Epilepsie informiert. Können Sie die Entwicklung ihres Verhältnisses beschreiben?
So eine Zusammenarbeit ist wie in jeder zwischenmenschlichen Beziehung auch. Man muss sich langsam an den anderen herantasten und Vertrauen aufbauen. Vor allem in solchen Berufen ist Vertrauen ein ganz wichtiger Bestandteil. Brandt und Borowski mögen sich, wissen voneinander von manchen Schwächen und Stärken, und das schweißt sie auch zusammen. Aber natürlich kommt jetzt etwas Misstrauen dazu, weil die Krankheit durch einen Anfall ans Licht kam und Brandt es ihm nicht selbst gesagt hat: "Kann ich meinem Partner in heiklen Situationen vertrauen, was ist besser, sie zu decken oder auffliegen zu lassen; wird er mich verraten usw. …".
Sarah Brandt scheint manchmal Probleme damit zu haben, wie Borowski seine Autorität ausübt, beispielsweise, als sie der Verdächtigen ein Beweisvideo zeigen will. Wie wichtig ist es ihr, mit Borowski auf Augenhöhe zu sein?
Sie weiß, dass Borowski seit Jahren in seinem Amt ist, dass er mehr Erfahrung hat. Keine Frage, das will sie ihm auch nicht streitig machen. Aber ich glaube, es ist ihr wichtig, dass Borowski sie ernst nimmt und respektiert, sie auch mal ohne einen jahrelangen Erfahrungsschatz zu einem Schluss kommen kann, auf den er nicht unbedingt gekommen wäre. Sie will ernster genommen werden, gerade weil dieser Beruf meistens männerlastig ist und sie noch dazu eine einschränkende Krankheit hat. Sie glaubt, sie müsse doppelt so viel arbeiten und noch mehr Überzeugungsarbeit leisten.
Borowski schwelgt beim Anblick von Marte Adam in Erinnerungen, Sarah Brandt ist fasziniert von dem neuseeländischen Staatsanwalt. Sehnen sich beide Kommissare insgeheim nach einer Schulter zum Anlehnen?
Dieser Beruf kann einen wahrscheinlich ziemlich einsam machen. Borowski und Brandt sind auch nur Menschen und würden sich vielleicht nach der Arbeit mit jemandem austauschen wollen. Ich kann nur für Brandt sprechen. Sie lebt bewusst isoliert. Ihr Beruf bedeutet ihr alles und vielleicht fühlt sie sich auch wegen ihrer Krankheit ein wenig verwundbar.
Wie stehen Sie zum Meer? Was bedeutet es für Sie?
Ich liebe das Meer und ich liebe das Wasser. Wasser ist essentiell für den Menschen. Während man recht lange ohne Essen auskommt, kann man auf Wasser kaum einen Tag verzichten. Das Meer besitzt eine große Schönheit, das Schönste im Grunde, was die Natur zu bieten hat, und ich finde es beruhigend, da zu sitzen und es zu betrachten. Leider ist und wird das jedoch an vielen Orten der Erde langsam schwieriger, da die Umweltverschmutzung auch vor den Meeren nicht halt macht.
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