So., 10.11.24 | 18:30 Uhr
Das Erste
Aserbaidschan: Klimaopfer Stör?
Baliqciler - "Fischer" heißt der Ort – so wie der Beruf, der dieser ganzen Region Arbeit gegeben hat, über Generationen hinweg. Wir sind im Süden Aserbaidschans, nahe der Grenze zum Iran – wir sind am Kaspischen Meer. Im Dorf der Fischer treffen wir heute viele von ihnen, denn zwei Tage war es zu windig, um hinauszufahren. Najafov und Aliyev sitzen vor ihrem Haus. Beide fischen seit 25 Jahren.
Das Wasser verschwindet.
Um ein Meter dreißig ist der Wasserspiegel des Kaspischen Meeres in den vergangenen 30 Jahren gefallen. Ein Gebiet von der Größe Belgiens liegt inzwischen trocken – ein Trend, der sich beschleunigt. Der Klimawandel treffe das Ökosystem empfindlich, erklärt der Umweltforscher Rovshan Abbasov: "Die Temperatur steigt sehr schnell, dadurch sinkt der Sauerstoff-Anteil im Meer, was zum Ersticken der Fische führt. Die Lebensräume gehen nach und nach verloren. Am wichtigsten sind dabei die Feuchtgebiete an der Küste. Das Wasser verdunstet, die Feuchtgebiete trocknen aus."
Darunter leidet auch ein Markenzeichen des Kaspischen Meeres: der Stör. Aus seinem Rogen wird Kaviar gemacht – manchmal auch "schwarzes Gold" genannt.
Der Stör und der Kaviar
Wir fahren nochmal Richtung Süden, zu einer Fischfarm, die Kaviar legal produziert. Das Prinzip der Farm: Störe werden großgezogen, der Rogen entnommen. Und: tausende Jungfische werden jedes Jahr in die Freiheit entlassen – eine Maßnahme für die Erhaltung der Art.
Hier, in den Außenbassins, steigen die Kosten: die Sommerhitze ertragen die Fische nur mit Plastikabdeckungen. Und länger als früher müssen die Wasserräder laufen, um dem Meerwasser Sauerstoff unterzumischen.
In der Halle: Die anspruchsvolle Stör-Produktion. Zehn bis zwölf Jahre dauert es, bis der Stör so weit ist. Dann wird der Fisch geschlachtet. Inzwischen kann man aber auch die Eier entfernen, ohne das Tier zu töten. Hier werden verschiedene Störarten herangezüchtet, vom kleinen Sterlet bis zum großen und teuren Beluga-Stör. Ist der Rogen aus dem Fisch, wird er über Metallsieben gereinigt, dann wird er in Dosen abgefüllt.
Den Fischern hilft aber auch kein Warten mehr: Ihr Meer verdunstet immer schneller, gleichzeitig führen die Zuflüsse aus den fünf Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres immer weniger Wasser. Der Klimawandel ist hier ein großes Thema.Die Fischer – vielleicht wird bald nur der Name ihres Ortes an sie erinnern: Baliqciler
Autor: Norbert Hahn, ARD Moskau
Stand: 10.11.2024 20:11 Uhr
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