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Israel: Abriss von Beduinendörfern in der Negev

Israel: Abriss von Beduinendörfern in der Negev | Bild: Sophie von der Tann, ARD Tel Aviv

Bis zuletzt hatten Raed und seine Frau Maryam gehofft, dass es nicht so weit kommen würde. Gemeinsam mit ihrer Familie müssen sie jetzt Abschied nehmen von ihrem Zuhause in Umm al-Hiran, einem Beduinendorf in der israelischen Negev-Wüste: “Was ist das für ein Wahnsinn. Immer wieder werden Araber vertrieben, Häuser zerstört, was bringt das dem Staat, das ist eine rassistische Politik.”

Israelische Gerichte haben angeordnet, dass alle Gebäude hier abgerissen werden sollen. Die Bewohner haben selbst damit begonnen, damit sie keine Strafe zahlen müssen, wenn morgen die Polizei mit Großaufgebot anrückt. Das kann ein gefährlicher Tag werden.

Umm al-Hiran ist eines von mehr als 30 Beduinendörfern in der Negev-Wüste, die der israelische Staat nicht anerkennt und versorgt. Hier gibt es keine Wasser- und Stromleitungen, keine Schulen, schlechte Straßen. Etwa 100.000 Beduinen, Teil der arabischen Minderheit in Israel, leben in diesen nicht-anerkannten Orten. Der Staat will, dass sie in Städte ziehen.
Yehuda Kappach setzt sich dafür ein, dass die Beduinenorte abgerissen werden und die Wüste wie er sagt “entwickelt” wird. Er ist Mitglied von Regavim, einer Organisation, die Israels rechtsextremer Finanzminister Smotrich mitgegründet hat: “Die Beduinen sind hier letztlich auf Boden, der ihnen nicht gehört, das ist illegal. Auf Land eindringen, das einem nicht gehört und dann sagen, der Staat soll mich anerkennen, das ist lächerlich.”

Umgesiedelt ohne Rechte

Der israelische Staat hatte die Beduinen in den 1950ern hierhin umgesiedelt. Eigentümer der Flächen wurden sie aber nie.
Während das Beduinendorf abgerissen wird, ist alles schon bereit für einen neuen Ort auf dem Gebiet – Dror soll er heißen, und er ist genehmigt vom israelischen Staat. Dahin wollen Mitglieder dieser Facebook-Gruppe ziehen – eine streng-religiöse jüdische Gemeinschaft.

Zurück zu Raed und seiner Familie. Der Moment ist gekommen. Das Ende eines 20-jährigen Rechtsstreits. Nun soll die Familie umsiedeln – aus dem Dorf in eine nahegelegene Planstadt. Raed Abu Al-Qian:“Das wird hart, weil wir aus unserem traditionellen Leben gerissen werden, aus unserer Kultur, unserer Gemeinschaft, und in ein Umfeld müssen, das nicht zu uns passt.”

Bis zum Ende des Tages sind alle Häuser abgerissen. Die Moschee ist ihnen zu heilig – die konnten und wollten die Dorfbewohner nicht zerstören. Sie fragen sich, ob das Räumungskommando das morgen wirklich tun wird.

Daphna Klemes von der israelischen Menschenrechtsorganisation Bimkom setzt sich für die Beduinen-Communities ein: “Seit der Gründung des Staates Israel, war es politisches Ziel, die Beduinen in der Negev in einer Gegend zu konzentrieren. Die Beduinen werden nicht als gleichwertige Bürger angesehen. Sie sind Araber und weil sie Araber sind, werden sie als Bürger zweiter Klasse gesehen, als demografisches Problem, was absurd ist, weil sie ja Teil der israelischen Gesellschaft sind und sein wollen.”

Wenige Tage danach bei der Familie von Raed in der nahgelegenen Stadt. Dieses Grundstück haben sie bekommen, Eigentümer sind sie nicht, sagen sie. Der Container, ihr neues Zuhause. Laut den Behörden soll die Familie umgerechnet 65.000 Euro Entschädigung bekommen.
Von ihrem Dorf Umm al-Hiran sind nur noch Trümmer übrig. Zehn weitere Beduinendörfer in der Negev-Wüste werden wohl bald genauso so aussehen – auch sie sollen geräumt werden.

Sophie von der Tann, ARD Tel Aviv

Stand: 08.12.2024 19:35 Uhr

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