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Türkei: Menschen im Erdbebengebiet geben nicht auf

Türkei: Menschen im Erdbebengebiet geben nicht auf | Bild: Katharina Willinger, ARD Istanbul

Man sieht es ihnen auf den ersten Blick nicht an: Diese Musiker haben schlimmes erlebt. Einige von ihnen lagen nach dem Erdbeben verschüttet unter Trümmern, manche verloren Familie und Freunde – auch vier ihrer Mitglieder kamen ums Leben. All das ist mehr als anderthalb Jahre her.
Ali Ugur versucht die Gruppe zusammenzuhalten. Der Musiklehrer ist Dirigent im Sinfonieorchester der Stadt Hatay: „Musik ist ein heilendes Werkzeug - das erfahren wir momentan an uns selbst. Sie hilft uns, aufrecht zu bleiben. Aber am wichtigsten ist: Wir tun unserer Stadt gut. Wir versuchen ihre Kultur und Kunst zu bewahren und somit ihren völligen Untergang zu verhindern.“

Konzert für die Opfer

Sängerin Ezhan und die anderen proben gerade für ein Konzert, das sie bald geben wollen - in Gedenken an die Opfer ihrer Stadt. Leicht ist das nicht: Proben auf engem Raum in einem Container, denn das ist noch immer die Lebensrealität von zehntausenden Menschen in Hatay. 20 Monate nach der Katastrophe gleicht die Stadt einer Großbaustelle. Das soziale Leben liegt nach wie vor still. Was nun aber immer stärker durchbricht sind die Traumata des Bebens.
Den Alptraum hat auch Ceylan hinter sich. Ich treffe sie an dem Ort, an dem einst ihr Haus stand: sie lebte mit ihren Eltern in der ersten von fünf Etagen. Das Gebäude begrub sie unter sich, die Eltern starben sofort: „Ich suche hier noch heute nach meiner Mama und meinem Papa, vielleicht weil ich es immer noch nicht akzeptiert habe, dass sie tot sind. Ich vermisse mein Zuhause, deshalb komme ich auch immer wieder hier her. Manchmal setze ich mich einfach auf den Boden.“

Traumata und Depressionen

Auch viele Mitglieder des Orchesters kämpfen mit diesen Problemen. Heute sind sie im einstigen Stadtkern von Hatay unterwegs. Früher gab es hier viele Restaurants und Bars, oft auch Konzerte.
Dirigent Ali versucht nach vorne zu blicken, doch eine Sache quält ihn bis heute: Er eilte kurz nach dem Erdbeben zu Cansu, einer Sängerin im Orchester; sie war verschüttet worden. Ali konnte mit ihr sprechen und wartete dabei vergeblich auf ein Rettungsteam. Erst elf Tage später wurde seine Freundin aus den Trümmern geborgen – sie überlebte nicht. Ali träumt bis heute von ihr.

Heute findet dort, wo früher Häuser standen, ein Gedenkkonzert statt. Auch Ceylan ist gekommen, mit gemischten Gefühlen. So geht es wohl den meisten hier.
Eine Realität - die den Menschen in Hatay auch fast zwei Jahre nach dem Erdbeben viel abverlangt. Die seelischen Wunden: sie heilen nur langsam.

Autorin: Katharina Willinger, ARD Istanbul

Stand: 20.10.2024 18:31 Uhr

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Bayerischer Rundfunk
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