Mo., 28.01.19 | 04:50 Uhr
Das Erste
USA: Wer will Trumps Mauer an der Grenze zu Mexiko?
Eigentlich finden Sam Vale und Sohn Robert vieles, was Trump macht, gar nicht so schlecht – nur dass er dort, wo der Rio Grande die Grenze zu Mexiko bildet, immer noch unbedingt eine Mauer bauen will, davon halten die beiden Texaner gar nichts: "An manchen Stellen kann eine Mauer nützlich sein. Aber schauen Sie da drüben, das Flussufer. Wenn der hohe Wall mal keine Mauer ist. Wir brauchen keine Politiker aus Washington, die uns sagen, wie man an der Grenze überlebt. Wir machen das jeden Tag", sagt Sam Vale von Starr-Camargo Bridge Company.
Keine komplette Abschottung von Mexiko
Die beiden sind hier nicht irgendwer – sie sind die Besitzer dieser Brücke nach Mexiko. Die Familie hat sie vor mehr als 50 Jahren gebaut. Ein lukratives Geschäft, denn jeder, der sie nutzt, muss ihnen Mautgebühren zahlen. Grenzkontrollen finden die Vales wichtig. Aber sie wollen keine komplette Abschottung von Mexiko: "Die beiden Länder können nicht ohne einander leben. Sie sind zu sehr miteinander verbunden: der Verkehr, Kinder, die auf der anderen Seite in die Schule gehen. Es ist eine Gemeinschaft", sagt Robert Vale. Auch an diesem Grenzübergang können Menschen Asyl beantragen. Davon gehe doch keine Gefahr aus, sagen die Vales. Hier sei definitv kein Krisengebiet, wie es der US-Präsident im fernen Washington immer wieder darstelle.
Mehr Zulauf im Auffangzentrum
Die katholische Schwester Norma Pimentel sieht das genauso. Sie hat eine Art Auffangzentrum geschaffen. Hier kümmert sie sich um die, die aus den Grenzgefängnissen entlassen wurden. Alle, die Verwandte in den USA haben, kommen für die Dauer des Asylverfahrens wieder frei. Freiwillige Helfer organisieren Bustickets, versorgen die Menschen mit einer Dusche, Kleidung und Essen.
Schwester Norma fragt die Schutzsuchenden nach ihren Geschichten. Eine Frau stammt aus Honduras. Wegen der Unruhen in ihrer Heimat ist sie mit ihren zwei Kindern geflohen. Ihr Mann lebt bereits in Texas. Fast einen Monat lang war sie unterwegs. "Wie kann man es nicht in Ordnung finden, sich um so ein Kind zu kümmern? Ihnen die Wärme und die Fürsorge zu geben, die jeder Mensch braucht und verdient. Und ihnen etwas Sicherheit zu bieten, damit sie herausfinden können, ob sie einen Anspruch auf Asyl haben", erklärt Schwester Norma Pimentel, Catholic Charities of Rio Grande Valley.
Jeden Tag versorgen sie und ihr Team an die 300 Menschen. Seit 2014 betreibt Schwester Norma das Auffangzentrum, also auch schon unter Obama. Aber seit Trump werde ihre Hilfe noch viel mehr gebraucht. "Er hat diese Idee entwickelt, dass Einwanderer eine Gefahr für die Gesellschaft sind, bei uns einfallen. Und wir müssen eine Mauer bauen, um uns vor den Verbrechen zu schützen. Er hat sich selbst in diese Lage hineinmanövriert. Jetzt muss er eine Krise heraufbeschwören, damit er einen Grund für seine Mauerpläne hat", sagt Schwester Norma Pimentel.
Mission: Hier kommt die Mauer
In der Nähe des Ortes Mission ist ein Stück Mauer bereits beschlossen. Auf einem Deich soll der Bau im Februar beginnen. Dabei ist das ganze Land hier in Privatbesitz, ein Erholungsgebiet mit Blick auf Mexiko. Dieser Streifen gehört Familie Cavazos. Sie verpachten das Land. Davon lebt Alfredo, der seit einer Operation im Rollstuhl sitzt. Er, seine Schwester und ein Cousin wissen nicht, ob die 30 Pächter noch zu ihren Wochenendhäusern dürfen, wenn die Mauer erst einmal gebaut ist.
"Wir brauchen keine Mauer. Nirgends, aber vor allem nicht hier", sagt Reynaldo Anzaldua. Und Alfredo Cavazos fügt hinzu: "Die Grenzbeamten haben viele Bewegungsmelder angebracht. Jeder, der auf mein Grundstück kommt, hat sofort die Polizei im Nacken." Schwerbewaffnete Grenzpatrouillen. Auch Familie Cavazos selbst muss sich ständig ausweisen. Vietnam-Veteran Rey, der früher beim Zoll gearbeitet hat, findet, es gebe ausreichend Kontrollen: "Das Problem liegt doch in den USA selbst. Die Nachfrage nach illegalen Drogen und illegalen Arbeitskräften. Das muss weniger werden."
Ein Gerichtsbescheid zwingt die Familie, den Grenzsoldaten jederzeit Zutritt zu gewähren. Jetzt läuft ein Verfahren, das den Verkauf erzwingen soll. Wie ihnen geht es auch anderen kleinen Landbesitzern. "Ich bin nicht optimistisch. Ich glaube, sie werden einfach kommen und tun, was sie wollen. Das tut weh", sagt Baudilia Cavazos-Rodriguez.
Mauer: Shownummer aus Washington
Bei Brückenbesitzer Sam Vale steigt gerade die Hoffnung ein wenig: Er ist erleichtert, dass der Regierungsstillstand in Washington erst einmal beendet ist. Die Rückkehr zur Vernunft und vielleicht die Abkehr von der Mauer: "Eine Mauer kann niemanden festnehmen. Das können nur Menschen. Also gebt ihnen bessere Überwachungsmöglichkeiten, dann läuft das schon."
Die Mauer zwischen Texas und Mexiko erscheint ihnen wie eine Shownummer aus Washington. Sie hat mit dem echten Leben hier nichts zu tun. Für sie ist die Grenze nichts Schlechtes.
Autorin: Claudia Buckenmaier, ARD Studio Washington
Stand: 13.09.2019 01:04 Uhr
Kommentare