So., 02.03.25 | 22:00 Uhr
Das Erste
Eklat zwischen Trump und Selenskyj: Steht Europa allein?
Der Eklat zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und US-Präsident Donald Trump hat Europas Sicherheitsarchitektur endgültig infrage gestellt. Insbesondere Deutschland, als größte Wirtschaftsmacht der EU, steht vor der Herausforderung, seine sicherheitspolitische und militärische Rolle neu zu definieren. Sind die transatlantischen Beziehungen noch zu retten? Wie können die europäischen Staaten die Ukraine weiterhin unterstützen, falls die USA ihre Unterstützung reduzieren oder sogar aufgeben? Und welche Schritte muss Deutschland unternehmen, um seine Sicherheit eigenständig zu gewährleisten?
Annalena Baerbock

Die Bundesaußenministerin von Bündnis 90/Die Grünen hat sich besorgt über den Vorfall im Weißen Haus geäußert. “Unser Entsetzen ist größer als zuvor”, sagte Baerbock am Samstag. Sie sieht eine “neue Zeit der Ruchlosigkeit” gekommen. Der Eklat habe deutlich gemacht, dass “die regelbasierte internationale Ordnung und die Stärke des Rechts mehr denn je gegen die Macht der Stärkeren” verteidigt werden müssten. Eine “Täter-Opfer-Umkehr" sei das Gegenteil von Sicherheit und Frieden und “kann daher kein guter Deal sein”, betont Baerbock. Die Außenministerin mahnt zur Besonnenheit, wobei gelte, dass keine Zeit zu verlieren sei. Insbesondere von Deutschland werde jetzt eine Führungsrolle erwartet. Sie fordert entschieden mehr deutsche und europäische Hilfe für die Ukraine.
Armin Laschet

Als überzeugter Europäer entwickelte sich der NRW-Ministerpräsident a. D. zunehmend zum Außenpolitiker. Seit 2023 ist der CDU-Politiker Vorsitzender des Abraham Accords Institute. Als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag spricht sich Laschet klar für die Unterstützung der Ukraine aus und blickt zugleich differenziert auf den Eklat im Weißen Haus. Das Vorgehen von Trump und Vance sei eine Unsitte. Für Laschet “bleibt die Frage, seit wann eigentlich im Oval Office vor laufenden Kameras kontrovers zwischen Gast und Gastgeber diskutiert wird.”
Claudia Major

Die Expertin für Sicherheitspolitik ist Forschungsgruppenleiterin der Stiftung Wissenschaft und Politik. Für die Politikwissenschaftlerin war schon vor der Eskalation zwischen US-Präsident Trump und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj klar, dass sich die USA unter Trump aus ihrer politischen und militärischen Führungsrolle zurückziehen. Gemeinsam mit weiteren Wissenschaftlern forderte sie zuletzt ein sofortiges Aktionsprogramm der Europäer. Ziel müsse die Stärkung der Ukraine, die Verbesserung der eigenen Verteidigungsfähigkeit und die Erhöhung der Abschreckung gegenüber Russland sein.
Frederik Pleitgen

Der CNN-Korrespondent berichtet seit Jahren regelmäßig aus der Ukraine und Russland, auch als Kriegsberichterstatter von der Frontlinie. Mit Blick auf das Treffen zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj am Freitag im Weißen Haus sagt er, dass die gegenseitige Abneigung der beiden durchaus deutlich wurde. Dennoch: Auch Trump wisse, dass er Selenskyj für den von ihm geforderten schnellen Waffenstillstand weiter bräuchte. Europa müsse nun seinerseits schnellstmöglich einen gemeinsamen Plan entwickeln, um mit der Neuausrichtung der amerikanischen Außenpolitik umzugehen.