So., 03.11.24 | 21:45 Uhr
Das Erste
Harris oder Trump – Amerika vor der Entscheidung
Selten war das Rennen um die US-amerikanische Präsidentschaft dramatischer und dessen Ausgang ungewisser als in diesem Jahr. Welche politischen Themen bestimmen die Wahl? Wie wichtig wird die Neubesetzung im Weißen Haus für die mächtigste Demokratie einer Welt, die sich in vielen Bereichen komplett neu zu ordnen scheint? Wird der kommende Dienstag zu einer Entscheidung über die politische Zukunft des Westens? Und warum sollte auf jeden Fall Deutschland die Frage interessieren: Wie wählt Amerika?
Sigmar Gabriel
Der ehemalige SPD-Politiker und Vizekanzler ist seit 2019 Vorsitzender der Atlantik-Brücke, die sich für die Pflege der deutsch-amerikanischen Beziehungen einsetzt. Aus seiner Sicht ist der Ausgang der US-Präsidentschaftswahl völlig offen. Die erste Amtszeit Donald Trumps hatte Gabriel von 2017 bis 2018 als deutscher Außenminister erlebt. Unabhängig vom Wahlergebnis sieht er Deutschland und Europa für die Zeit nach der Wahl schlecht aufgestellt. Zum Beispiel, weil unterschätzt werde, dass auch bei Kamala Harris protektionistische Tendenzen vorhanden sind. Im Falle eines Sieges von Trump glaubt Gabriel, dass dieser erneut die NATO infrage stellen könnte – mit weitreichenden Konsequenzen: „Sollte Trump daran Zweifel zulassen, dass die USA zu diesem Beistand nach wie vor uneingeschränkt bereit sind, wird Wladimir Putin uns testen.”
Cathryn Clüver Ashbrook
Die deutsch-amerikanische Politikwissenschaftlerin gehört zu den anerkanntesten Expertinnen für US-Politik und transatlantische Beziehungen und berät in dieser Funktion auch die Bundesregierung. Einem möglichen Wahlsieg von Donald Trump sieht sie mit großer Sorge entgegen. Clüver Ashbrook befürchtet, dass Trumps Hintermänner nicht nur eine Gefahr für die Demokratie des Landes seien. Trump selbst würde in seiner zweiten Amtszeit von Rache getrieben – gerade im Hinblick auf die internationalen Partner der USA.
Julius van de Laar
Der Wahlkampf-Stratege beteiligte sich 2008 und 2012 an den Wahlkämpfen des damaligen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama. Seither berät er auch in Deutschland Parteien bei Bundestags- und Europawahlkämpfen. Er sieht Kamala Harris aktuell in der Defensive und erklärt: „70 Prozent der Wähler sind unzufrieden.” Das liege vor allem an der Inflation und den gestiegenen Preisen für Kraftstoff und Lebensmittel. Auch die Themen Migration und Sicherheit würden Donald Trump gerade in die Karten spielen, da er für kompetenter in diesen Bereichen gehalten werde.
Jörg Wimalasena
Der politische Korrespondent bei der WELT beschäftigt sich journalistisch seit Jahren mit den USA. Als US-Korrespondent für ZEIT ONLINE in New York hat Wimalasena vor vier Jahren das Ende der Trump-Amtszeit und den Beginn der Biden-Administration im Land erlebt. Den Demokraten wirft er vor, zum wiederholten Mal mit einer verfehlten Kampagne dem republikanischen Lager in die Hände zu spielen. „Die Leute haben mit horrenden Lebenshaltungskosten zu kämpfen. Da funktioniert es nicht, ständig nur darauf hinzuweisen, wie schlimm Trump ist.“