So., 06.04.25 | 21:45 Uhr
Das Erste
Müssen wir uns für Krieg rüsten, um Frieden zu sichern?
Die Koalitionsgespräche zwischen Union und SPD nähern sich der Zielgeraden – bis Ostern soll eine Regierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz stehen. Die innenpolitischen Herausforderungen sind groß, doch auch außenpolitisch ist die Lage brisant. US-Präsident Donald Trump stürzt mit seinen Rekord-Zöllen die Märkte weltweit ins Chaos und wendet sich von Europa ab. Während zunehmend Zweifel an der transatlantischen Partnerschaft angebracht scheinen, baut Russland an der NATO-Ostflanke Druck auf. Wie kann Deutschland in dieser neuen Weltordnung handlungsfähig bleiben? Soll die Wehrpflicht zurückkehren? Ist eine gemeinsame europäische Verteidigungsstrategie der Schlüssel?
Joschka Fischer

Der Bundesaußenminister a. D. und Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen fordert trotz seiner eigenen Wehrdienstverweigerung die Einführung der Wehrpflicht für Männer und Frauen. Er betont, dass Europa zur Verteidigungsunion werden und einen europäischen Atomschirm entwickeln müsse. Zwar hält er einen russischen Angriff auf Deutschland für unwahrscheinlich, warnt jedoch vor einer weiteren Expansion Russlands nach einem Sieg in der Ukraine. Fischer sieht die USA zunehmend in Richtung Oligarchie driften. Europa müsse zeitnah seine Sicherheit selbst in die Hand nehmen. “Die Kriege der Gegenwart und der Beginn einer neuen Weltordnung” sind auch Titel und Thema von Joschka Fischers aktuellem Buch, das kürzlich im KiWi Verlag erschienen ist.
Jana Puglierin

Die Sicherheitsexpertin vom European Council on Foreign Relations fordert eine stärkere europäische Zusammenarbeit und warnt vor einer wachsenden Isolation des Kontinents in der internationalen Großmachtpolitik. Die EU müsse ihre eigene Verteidigungsstrategie entwickeln, ohne die NATO zu schwächen. Sie sieht die Wehrpflicht als begrenzte Lösung und empfiehlt, die Bundeswehr als Arbeitgeber attraktiver zu machen. Zudem plädiert sie für eine breitere gesellschaftliche Vorbereitung auf militärische Krisen.
Hauke Friederichs

Der Historiker und sicherheitspolitische Korrespondent bei ZEIT ONLINE lehnt die Wiedereinführung der Wehrpflicht ab. Sie würde die Bundeswehr kurzfristig nicht kriegstüchtiger machen. Er betont, dass die nötige Infrastruktur fehle und die Probleme nicht durch mehr Personal gelöst werden können. Stattdessen plädiert er für eine Bundeswehr als attraktiveren Arbeitgeber. Deutschland müsse jetzt schnell handeln, um die Verteidigungsbereitschaft zu erhöhen, da Russland spätestens 2029 eine konkrete militärische Bedrohung darstelle.