Druckfrisch-Musiker des Monats

ARD Mediathek

Druckfrisch-Musiker des Monats | Bild: BR / Markus Konvalin

Der "Musiker" des Monats Januar 2025 ist kein Musiker! Statt dem begehrten Ein-Minuten-Live-Slot in unserer Show feiern wir den Begründer der konkreten Poesie, Eugen Gomringer, der am Tag nach der Sendung seinen unglaublichen 100. Geburtstag feiern kann. Woraus wir lernen, dass es lebensverlängernd ist, sich ein Leben lang der Avantgarde zu widmen. Gomringer liest seinen größten "Hit", das Gedicht "Avenidas", das Berühmtheit erlangt hat, als sich einige Feministinnen durch den "Bewunderer", der ihnen (und den Blumen und den Alleen) in dem Gedicht offenbar hinterher sieht, belästigt fühlten. Das Gedicht musste von einer Berliner Hauswand entfernt werden, … in "druckfrisch“ darf es jetzt noch einmal erklingen. Der Soundtrack zu Eugen Gomringers Lesung stammt natürlich von unserem "Hausmusiker", Acid Pauli, dessen Track "Joan" wie für das Gedicht komponiert scheint.

Begonnen hatte die Sendung mit einem anderen Jubiläum: Am 24. Januar 1975, also vor fast genau 50 jahren, spielte ein Jazz-Pianist in der Kölner Oper, auf die wir seit 22 Jahren von unserem Schneideraum schauen, ein Konzert, das ihn mit einem Schlag berühmt machte und seinem Label ECM bis heute ein Auskommen beschert. Keith Jarretts "Köln Concert" war in den 70er Jahren Soundtrack unzähliger romantischer Abende und ist bis heute der meist verkaufte Tonträger eines Solo-Künstlers. Um das Konzert ranken sich viele Legenden: Der bestellte Bösendörfer Flügel für das Konzert kam so spät, dass er nicht mehr gestimmt werden konnte. Jarrett musste dazu überredet werden auf einem halb defekten (und ebenfalls nicht perfekt gestimmten) Stutzflügel zu spielen. Er kam übernächtigt auf die Bühne und er begann sein Konzert, indem er die Töne der Glocke, mit der damals das Publikum in den Saal gerufen wurde, nachspielte (weshalb man auf der Aufnahme nach 2 Sekunden beim genauen Hinhören das Publikum lachen hört). Ob man mit so einem Stück eine ARD-Sendung beginnen sollte, darüber gingen die Meinungen auseinander. Wir machen es einfach mal.

Am wenigsten wissen wir über Delaney Davidson, mit dem wir das Treiben des Volkes auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Ton beobachten. Wir wissen nicht einmal genau, wie er sich in unsere Auswahl geschlichen hat, vermuten aber, das dahinter die Münchner Band G.Rag and Los Hermanos Patcekos steckt, mit der er wohl einmal aufgetreten ist, als er in der Schweiz lebte. Delaney kommt allerdings - was das Ganze noch rätselhafter macht - aus Neuseeland, ist ein Schulabbrecher und hat angeblich schon im Alter von 2 Monaten die Rolling Stones gehört. Egal … tollster Künstler! Aufpassen!

Ungerechtfertigt selten wird in "druckfrisch" brasilianische Musik gespielt. Ein Missstand, der mit dem grandiosen Titel "Fim de Festa" von Nana Vasconcelos & Itamar Assumpcao endlich zumindest für eine knappe Minute beendet wird. Unser Regisseur entdeckte ihn auf einer Reise in Rio, wo eine Tanzkompanie das Stück als Grundlage einer betörend erotischen Choreographie benutzt hatte. Die hat in "druckfrisch" leider keinen Platz (anderer Film) und das Stück hat auch nicht das Allergeringste mit Wolf Haas zu tun, der bekanntermaßen schon Gast in der allerersten Sendung von "druckfrisch" im Januar 2003 war. Hier hat also nichts miteinander zu tun. Und das ist dann auch gut so.

Wie wir allerdings auf den Songfetzen „All You Fascists Bound To Loose" von Woody Guthrie gekommen sind, braucht eigentlich keine Erläuterung. Nur dass der Musiker, an dessen Krankenbett die Karriere von Bob Dylan begann, diesen Song gar nicht offiziell aufgenommen hat, sondern ihn live in den 40er-Jahren in einer amerikanischen Radioshow gespielt hat und er vielleicht hauptsächlich auf Deutschland gemünzt war, verdient vielleicht Erwähnung. So wie der Song jetzt in einer deutschen Sendung gespielt wird und ...

Andy Ammer

Stand: 19.01.2025 16:56 Uhr