Mo., 28.10.24 | 00:05 Uhr
Das Erste
Mithu Sanyal: "Antichristie"
Die Queen ist tot. London liegt in Trauer. Nur in einem Writers` Room irgendwo in der Stadt fliegen die Gedanken. Dort versucht eine Handvoll Kreativer die Geschichten einer anderen Queen – der Krimi-Queen Agatha Christie – auf zeitgemäß zu trimmen.
Mittendrin befindet sich die deutsche Drehbuchautorin Durga. Die hat nicht nur gerade ihre Mutter verloren, sondern grübelt über die Folgen, die die indischen Wurzeln ihres Vaters für ihr Leben haben. Ein parapsychologischer Kniff katapultiert Durga ins London im Jahr 1906. Dort ist sie zwar immer noch indischer Abstammung, wird aber als Mann wiedergeboren. Diese Identität führt sie ins India House – eine Anlaufstätte für Inder und damit auch eine Enklave für indische Revolutionäre.
Mithu Sanyals zweiter großer Roman sprüht vor Aberwitz und Ironie – und ist randvoll gespickt mit spannendem Wissen über Britanniens Kolonialgeschichte. In India House begegnen der Protagonistin sowie den Leserinnen und Lesern die ganz realen Helden und Antihelden der indischen Befreiungsbewegung. Und irgendwann explodiert eine Bombe.
Ganz nebenbei verstrickt einen die Geschichte in moral-philosophische Überlegungen: Funktioniert Widerstand ohne Gewalt? Wie ungerecht ist der Kampf für Gerechtigkeit? Und darf man historische Verbrechen miteinander vergleichen? Sanyal gelingt ein fulminanter Ritt durch die Geschichte, durch Anti-Kolonialismus-Debatten und Agatha-Christie-Romane – gewürzt mit einer dicken Prise Britishness.
Stand: 27.10.2024 18:41 Uhr
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