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Wanderer der Nacht - Fledermäuse

Fledermaus
Einige Fledermäuse wie der Große Abendsegler gehen auf Wanderschaft. | Bild: WDR

Hätten Sie es gewusst? Fledermäuse sind fliegende Säuger, von denen einige Arten - ähnlich wie Vögel - in über Tausend Kilometer entfernte Winter- bzw. Sommerquartiere fliegen. Der sogenannte Große Abendsegler ist einer der Vielflieger unter den heimischen Fledermäusen. Allerdings wandern nur die weiblichen Tiere: Sie ziehen im Frühjahr in Regionen, wo der Tisch mit Insekten reichlich gedeckt ist. Dort bringen sie dann ihren Nachwuchs zur Welt. Ab Mitte August geht es zusammen mit den jungen Fledermäusen zurück in die Winterquartiere.

Hier warten schon die männlichen Abendsegler, sie sind in der Regel "ortstreu". Um die Weibchen anzulocken, singen die Männchen einen regelrechten Balzgesang. Mit Spezialequipment kann dieses komplizierte Paarungslied hörbar gemacht werden. Im Spätsommer kommt es schließlich zur Paarung, aber noch nicht zur Befruchtung. Die wandernden Weibchen bewahren den Samen in ihrem Fortpflanzungstrakt auf. Erst nach dem Winterschlaf wird die Eizelle befruchtet und im Frühling dann die nächste Generation Fledermäuse in den Sommerquartieren geboren.

Neuer Feind der Fledermaus: Windkraftanlagen

Windkraftanlagen
Windkraftanlagen sind für die Tiere lebensgefährlich. | Bild: WDR

Die Zeit der Wanderung ist für die Tiere aber auch besonders gefährlich. Ihr neuer Feind ist vom Menschen gemacht: Windkraftanlagen. Vor und hinter den drehenden Rotoren herrschen große Druckunterschiede. Geraten die Tiere auf ihrem Zug ausgerechnet in die Nähe dieser großen Rotoren, zerplatzen ihnen die Lungenbläschen.

Um die Tiere davor besser zu schützen, muss man erst einmal mehr über ihr Zugverhalten herausfinden. Da die Tiere fast ausschließlich nachts unterwegs sind, lassen sie sich nicht so einfach beobachten wie ziehende Vogelschwärme. So bekam man die ersten Hinweise über den Fledermauszug eher zufällig. Wie Vögel werden auch sie beringt. Die Ringdaten von beispielsweise in Frankreich und der Schweiz gefundenen Tieren zeigten, dass sie den Sommer im Baltikum verbracht hatten.

Wie sie den Weg in ihre Winterquartiere finden, ist noch weitgehend unbekannt. Eine Theorie ist, dass sie sich an Landmarken wie Flüssen oder Bergrücken orientieren. Sie können aber auch, ähnlich wie Zugvögel, das Magnetfeld der Erde wahrnehmen und sich wie ein lebendiger Kompass daran orientieren.

Das Fell verrät das Sommerquartier

Karte Europas mit unterschiedlichen Zonen je nach Wasserstoff-Isotopen
Zonen mit jeweils unterschiedlichen Wasserstoff-Isotop-Zusammensetzungen. | Bild: WDR

Forscher wollen nun möglichst genau wissen, welche Routen die Fledermäuse in Europa nehmen. Wenn in Zukunft große Windparks gebaut werden, kann das für die Planung des Standorts wichtig und hilfreich sein. Eine Idee von Christian Voigt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin soll das möglich machen. Statt aufwändiger Beringung und späteren Zufallsfunden von markierten Fledermäusen untersucht er systematisch Fellproben.

Denn die Regionen, in denen sich die Tiere einen längeren Zeitraum aufgehalten haben, hinterlassen im Fell quasi einen "Fingerabdruck": durch die im Fell enthaltenen Wasserstoff-Isotope. Das sind unterschiedliche "Gewichtsklassen" des Elements Wasserstoff. Jede Region Europas hat eine typische Verteilung von Wasserstoff-Isotopen - in bestimmten Gegenden gibt es mehr vom sogenannten "Schweren Wasserstoff" als in anderen. Und je nachdem, wo die Fledermäuse beispielsweise Wasser getrunken haben, bauen sich die darin steckenden Wasserstoff-Isotope in genau dem gleichen Verhältnis auch ins Fell ein. Den "Fingerabdruck" des Sommerquartiers kann Christian Voigt dann im Fell ablesen.

20 Gramm leichte Langstreckenflieger

Rauhhautfledermäuse
Rauhhautfledermäuse wandern Hunderte von Kilometern. | Bild: WDR

Fledermausforscher in ganz Europa haben nun Fellproben gesammelt und zur Analyse nach Berlin geschickt, um die Flugdistanzen und die Routen der bedrohten Tiere besser verstehen zu können.

Erste Überraschung: Vermutlich aufgrund des Klimawandels ziehen die Abendsegler nicht mehr ganz so weit. Sie bewegen sich nur noch einige Hundert Kilometer zwischen ihrem Sommer- und Wintercamp. Lediglich die kleineren Rauhhautfledermäuse, die weniger als 20 Gramm auf die Waage bringen und nur um die fünf Zentimeter klein sind, sind noch immer echte Langstrecken-Flieger: Sie fliegen von der Ostsee bis in den Süden Frankreichs.

Rauhhaarfledermäuse ziehen bei ihrer Wanderung also durch weite Teile Deutschlands - und in Zukunft durchkreuzen sie vielleicht damit den ein oder anderen Plan von Windpark-Ingenieuren.

Autor: Carsten Linder (WDR)

Stand: 13.11.2015 14:04 Uhr

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