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Warum gibt es Männer?

Aller Anfang ist weiblich

Ein Mann und eine Frau
Ab wann "beginnt" der Mann? | Bild: SWR

Frauen wären einsam, gäbe es keine Männer. Denn es gäbe ja nur ein Geschlecht. Es gäbe kein Anhimmeln, kein Umwerben, und das wunderbare Wort 'Frau' wäre völlig überflüssig. Aber wozu gibt es ihn nun wirklich, den 'Mann'? Für die Antwort muss man wissen: Von Natur aus ist unsere Welt zunächst weiblich.

Getrennte Entwicklung

Ein Pfauen-Männchen schlägt Rad
Bunte männliche Federn dienen der Brautwerbung. | Bild: SWR

Dies zeigt sich bei jedem Menschen in den ersten Wochen des Lebens. Denn als Ungeborene entwickeln wir uns alle als weibliches Wesen. Erst ab der 6. Woche beginnt die getrennte Entwicklung der Geschlechter. Aber als Zeichen, dass jeder 'Er' einmal eine 'Sie' war, trägt er lebenslang das für ihn überflüssige weibliche Überbleibsel namens 'Brustwarzen'.

Im Mutterleib ist 'Mann' also eine Zeit lang 'Frau' und das bleibt mancherorts auch nach der Geburt so. Bei manchen Tieren jedenfalls kommt 'sie' ganz gut ohne 'ihn' aus. Blattlausweibchen etwa können sich ein-geschlechtlich fortpflanzen. Der Nachwuchs sind Klone, also Kopien der Mutter. Diese männerfreie Mikrowelt hat sogar einen kleinen Vorteil. Stichwort Unterschied: Zwei Geschlechter zu bilden wie bei uns, kann sich Mutter Natur bei den Blattläusen sparen. Für den Mann heißt das: Kräftige Muskeln, breite Schultern und ein üppiger Bartwuchs sind energetisch betrachtet ein ziemlicher Aufwand. Denn dies sind Merkmale, die dazu dienen, dass er auf sie anziehend männlich wirkt.

Auch die bunt männlichen Federn eines Pfaus dienen zur Brautwerbung, ebenso wie die tief männlichen Stimmen und stolzen Geweihe der Hirsche oder die wuscheligen Löwenmänner-Mähnen Afrikas. Beispiele, die vermuten lassen, dass die Männlichkeit doch trotz all des Aufwandes einen Sinn haben muss. Und den hat sie.

Sex - Gesundheitsvorsorge für die Nachkommen

Blattläuse
Blattläuse vermehren sich durch Klonen - und haben damit einen Nachteil. | Bild: SWR

Das Stichwort heißt: Vermischung des Erbgutes. Der Weg dorthin heißt Sex. So können Fehler in den Genen eines Partners mit den Genen des anderen Partners behoben werden. Durch diese Vermischung der Erbanlagen kann sich dann ein Wesen mit 'reparierten' frisch durchmischten Genen bilden. Das geht nur mit Sex. Und dafür braucht die Natur Männer. Die männerlosen Blattlausweibchen haben also einen Nachteil! Denn Erbgutfehler bleiben in der nächsten Klon-Generation erhalten.

Der Laborwurm C. elegans zeigt, wie schädlich Männerfreiheit sei kann. Er kann sich geschlechtlich und auch ungeschlechtlich fortpflanzen. Impft man beide Gruppen mit Krankheitserregern wie Bakterien, zeigt sich der Vorteil von Sexualität. Die ungeschlechtlichen Würmer sterben innerhalb weniger Generationen an der Infektion. Die Gruppe mit geschlechtlicher Fortpflanzung entwickelt eine Immunität gegen die Mikroben. Diese Abwehr gegen Keime war vermutlich die Ursache für die Entwicklung von Sex und damit für die Entstehung der Männlichkeit - der Mann als 'biologische Krankenversicherung'. Doch auch das erklärt noch nicht ganz, warum es Männer gibt.

Zwittersex - jede kann mit jeder

Zwei Weinbergschnecken
Weinbergschnecken "ringen" darum, wer bei der Paarung der Mann sein darf. | Bild: SWR

Frau könnte doch auch als Zwitter durch die Welt gehen, mit beiderlei Sexualorganen in nur einem Menschen. Sie bräuchte nicht auf einen passenden Mann warten, sondern könnte sich mit jedem anderen Zwitter vermehren, das erhöht die Chancen, denn bei Zwittern kann jede mit jeder Sex haben! Als solch echte Zwitter sind etwa Weinbergschnecken unterwegs: Im Frühsommer trifft man sich zur Paarung. Doch was wirkt wie ein Liebesspiel, ist ein Kampf darum, wer von beiden Mann sein darf. Die Waffe: ein Liebespfeil. Jede Schnecke versucht, der anderen ihren Pfeil in den Körper zu bohren. Der ist mit Hormonen gespickt und die bewirken, dass die Getroffene den Job des Eierlegens übernehmen muss. Ein Zwitter mit Liebespfeil zu sein, geht bei uns nicht. Für so kompliziert gebaute Wesen wie uns Menschen ist die Verwandlungsarbeit mal Frau zu sein, mal Mann, schwierig zu gestalten. Wohin auch mit dem Liebespfeil? Daher gilt die Devise: entweder Frau sein oder eben "Mann"!

Zweisamkeit - das kleinste denkbare Team

Zwei Seepferdchen
Zwei Geschlechter bedeutet nicht, dass immer das Weibchen die Brutpflege übernimmt. | Bild: SWR

Nicht nur unsere nächsten Verwandten zeigen, dass der Mann durchaus seinen Sinn hat und sei es wie beim Herrn Gorilla, um den Starken zu spielen - nach außen versteht sich! Die organisierte Zweisamkeit aus Frau und Mann ist ein bewährtes Patent der Natur. Wie auch immer die Rollen verteilt sind. Bei Seepferdchen zum Beispiel zieht der Vater ganz allein die Jungen groß. Und er hat dafür eigens eine Bruttasche an seinem Bauch. Und bei Pinguinen kümmern sich - wie bei vielen anderen Vögeln auch - beide Eltern gleichermaßen um den Nachwuchs. Motto: Geteilte Arbeit, halbe Arbeit! Denn das kleinste Team besteht, wie bei uns Menschen auch, nun mal aus zwei ...

Autor: Axel Wagner (SWR)

Stand: 06.10.2016 11:05 Uhr

Sendetermin

So., 29.01.12 | 17:03 Uhr
Das Erste