Jasmin Gerat | Stascha Novak
Frau Gerat, der erste neue Fall ist für Stascha und ihr Team sehr knifflig. Wem soll sie glauben – dem einsitzenden Ex-Mann oder Nika, die Stascha die Brandnarben aus der toxischen Beziehung mit Ivo zeigt?
Es ist tatsächlich eine große Herausforderung für Stascha, dass sie ihrem sonst so untrüglichen Gespür dieses Mal nicht blind vertrauen kann. Sie wird in ihrer Haltung immer wieder überprüft und verunsichert; unter anderem macht dieser Umstand diesen Fall besonders spannend.
Gewalt gegen Frauen, entweder vom Partner oder vom Ex-Partner – aktuelle Zahlen zeigen, dass die Taten auch in Deutschland seit Jahren stark zunehmen. Wie wichtig ist die Bewusstmachung solcher Themen in Filmen?
Alle vier Minuten erlebt eine Frau in Deutschland Partnerschaftsgewalt und etwa jeden 3. Tag tötet ein Mann seine (Ex)Partnerin. Das sind Zahlen, die kaum zu begreifen sind und die wir uns nicht täglich bewusst machen. Aber es ist die Realität, und wir müssen als Gesellschaft darüber reden, es aktiv aus dem Dunklen holen. Es ist zwar nur ein winziges Rädchen im großen Ganzen, aber ich bin dankbar, dass unser Autor Christoph Darnstädt sich dieses Themas angenommen hat und wir etwas zur Sichtbarkeit des Themas und der Missstände beitragen können.
Reichen die Aufklärungsmaßnahmen und Unterstützungsangebote für Frauen Ihrer Meinung nach aus?
Erst seit Juli 1997 ist Vergewaltigung in der Ehe strafbar, das sagt sehr viel über unser System aus. Wir sind als patriarchalisch geprägte Gesellschaft noch weit davon entfernt, Frauen Gerechtigkeit zuzusprechen, sobald sie sich gegen ihren Peiniger öffentlich äußern. Die wenigsten hinterfragen es, wenn nach einem (medialen) großen, kurzen Aufschrei, ganz selbstverständlich wieder zur Täter-Opfer-Umkehr übergegangen wird. Das passiert permanent und ist sehr praktisch, denn somit bleibt der Mythos erhalten, dass die Frau eine Mitschuld trägt und besser keine Anzeige erstattet. Solange sich strukturell nichts verändert, sind Angebote und Maßnahmen zwar hilfreich, aber ein Tropfen auf den heißen Stein.
In „Scheidung auf Kroatisch“ lernen wir Stascha auch von ihrer privaten Seite kennen. Warum ist sie Brigita gegenüber so zögerlich und bekennt sich nicht offen zu ihrer Liebe?
Wie jeder von uns, trägt auch Stascha seelische Narben mit sich herum. Ihre Vergangenheit hat sie gelehrt, dass sie sich am besten auf sich selbst verlassen kann. Brigita ist so offen und transparent in ihrer Liebe und Verbindlichkeit – das fordert Stascha aus ihrer Komfortzone heraus zu treten. Ihr wird bewusst, dass sie sich entscheiden muss: Bleibe ich für den Rest meines Lebens innerlich auf Distanz oder gehe ich das Risiko der Verletzlichkeit ein und gebe mich dieser Beziehung voll und ganz hin. Mal sehen, wie sie sich entscheidet!
Wie ist Ihre Wahrnehmung: Ist gleichgeschlechtliche Liebe in einem mehrheitlich katholischen und eher konservativ geprägten Land wie Kroatien ein gesellschaftliches Thema? Wurde innerhalb des deutsch-kroatischen Teams über die Szenen gesprochen?
Unser Team ist sehr respektvoll und höflich, dennoch ist es nichts Alltägliches und sicherlich für einige gewöhnungsbedürftig, zwei Frauen intim im Bett zu sehen. Kroatien ist nach wie vor ein erzkonservatives Land und nicht so liberal wie zum Beispiel Berlin; für mich war es schon als kleines Kind völlig normal, Menschen jeder Couleur auf der Straße zu sehen. Die Kroaten haben ein großes Herz, brauchen aber ihre Zeit zum Umdenken, da bin ich zuversichtlich. Außerdem bemerke ich eine positive Entwicklung in den letzten Jahren und mache innerlich Luftsprünge, wenn ich in Split oder Zagreb gleichgeschlechtliche Paare Hand in Hand gehen sehe und es niemanden sichtbar kümmert.
Auch „Die toten Frauen von Brač“ hat gesellschaftliche Bezüge. Ist es Ihnen wichtig, dass die „Kroatien-Krimis“ in diesem Sinne auch mehr als reine fiktionale Unterhaltungsfilme sind?
Seit meinem Einstieg vor vier Jahren hatten alle Filme einen gesellschaftspolitischen Hintergrund. Ich denke, dass das seit Beginn der Reihe auch die Idee und der Anspruch der Produzenten war, was mir sehr entgegenkommt und unsere Kriminalfälle besonders macht.
Es wurde dieses Mal unter anderem auf der Insel Brač gedreht. Wie hat es Ihnen dort gefallen?
Ich liebe den Müßiggang auf der Insel Brač und das ich von überall das Meer und den Himmel sehen kann; außerdem trifft man seltener auf Menschen und Autos. Es war mein persönliches Dreh-Paradies!
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