Fragen an PATRICIA AULITZKY
Was ist für Sie die wichtigste Charaktereigenschaft Ihrer Figur Kristina Eichhorn und was hat Sie besonders an der Rolle gereizt?
Kristina Eichhorn gibt einfach nie auf. Sie kämpft mit allen Mitteln, um ihre Tochter wieder zu finden, quasi um sie am Leben zu erhalten. Ihre Reaktion auf Schmerz und Verlust ist „etwas tun“. Das hat mir imponiert.
Kristinas ältere Tochter Carla ist eines der vier Mädchen, die in Mödling verschwunden sind – ein Albtraum für alle Eltern. Was hat das Verschwinden ihrer Tochter mit Kristina gemacht?
Wie gesagt, Kristina ist eine „Macherin“ geworden. Ihre Vorgeschichte ist nicht bekannt, denn wir steigen in der Geschichte an einem Punkt ein, an dem Carla ja schon verschwunden ist. Aber sie fängt auch an, sich politisch zu engagieren. Sie glaubt, immer aktiv sein zu müssen, um nicht im Schmerz und der Verzweiflung zu verschwinden. Und weil sie auch das Gefühl hat, dass keiner genügend tut, um die Mädchen zu finden. Sie fühlt sich von der Politik, aber auch von ihrem Mann im Stich gelassen. Nur die Gemeinde oder die Schutzengelgruppe, die sie gründet, geben ihr derzeit Halt.
Welche Auswirkungen hat Carlas Verschwinden auf die Ehe von Kristina und Mark?
Natürlich hat Carlas Verschwinden eine große Lücke in die Familie und auch in die Ehe gerissen, da das Paar den Verlust sehr unterschiedlich verarbeitet. Während Mark versucht abzuschließen und Ruhe zu finden, empfindet Kristina genau das als Verrat an der Tochter, als Aufgeben. Sie versucht das Leben, genau wie es war, zurückzubekommen. Aber das ist natürlich nicht möglich, der Spalt zwischen ihnen wird unüberwindbar.
Hat sich durch Carlas Verschwinden auch Kristinas Verhältnis zu ihrer jüngeren Tochter Luzia verändert? Wenn ja, inwiefern?
Kristinas Leben ist vollständig auf das Wiederfinden ihrer Tochter Carla fokussiert – auch emotional. Daher ist natürlich kaum Raum für Luzia, die ihre Mutter, mitten in der Pubertät, genauso bräuchte.
Können Sie die Ängste der Eltern in Mödling nachvollziehen? Wie stehen Sie zu sog. Bürgerwehren?
Ich hatte anfangs große Widerstände in die Rolle zu gehen, da ich selbst Mutter bin und mir das Verschwinden meines Kindes eigentlich gar nicht vorstellen will. Da kommt so viel Angst hoch. Vor allem die Ungewissheit, was mit dem Kind passiert ist, muss das Allerschlimmste sein. Bei dem Tod eines Kindes, der sicher auch fürchterlich ist, kann man hoffentlich irgendwann abschließen. Aber nicht zu wissen, wo es ist, was passiert ist, ob es noch lebt … will ich mir nur kurz für den Film vorstellen und mich dann ganz schnell wieder auf mein richtiges Leben konzentrieren. Von Bürgerwehren halte ich nichts, wenn sie anstelle der Exekutive treten. Diese Gewalt darf nur vom Staat ausgehen, sonst läuft alles aus dem Ruder. Aber von Selbsthilfegruppen, Aktionsbündnissen oder ähnliches halte ich sehr viel. Wir sollten nicht alles an den Staat delegieren, sondern unser Leben selbst gestalten und die Dinge in die Hand nehmen – aber im Rahmen.
Die Drehbuchautoren wurden von dem Falco-Hit „Jeanny“ zu diesem Film inspiriert. Sie haben in der Falco-Biographie „Verdammt, wir leben noch!“ (2008) die weibliche Hauptrolle an der Seite von Manuel Rubey gespielt. Was verbinden Sie mit Falcos Musik und speziell mit dem Song „Jeanny“, der 1986 für einen großen Skandal gesorgt hat?
Ich habe mich mit Falcos Musik eigentlich damals erst zur Vorbereitung der Rolle Jacky beschäftigt. Seitdem bin ich großer Fan. Mit „Jeanny“ verbinde ich aber hauptsächlich, dass man diesen Hit am besten mitbrüllen kann. Der Refrain hat einfach eine super Melodie. Das steigert die Tragik des Textes – genial!
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