Statement von Nina Wolfrum
Nina Wolfrum
Regie
Nina Wolfrum inszenierte zehn Folgen der TV-Vorabendserie „Großstadtrevier“, führte Regie bei vier Filmen der Reihe „Heldt“ und bei vier Folgen der neuen TV-Serie „Milk & Honey“, dem Nachfolger der Dramaserie „Club der roten Bänder“. „Ein Killer und ein Halber“ ist ihre erste Regiearbeit für die Krimireihe „Nord bei Nordwest“. Bei den beiden soeben produzierten, noch nicht ausgestrahlten Folgen von „Nord bei Nordwest“, „Der Anschlag“ (AT) und „Conny und Maik“ (AT), führte sie ebenfalls die Regie. Zu ihren weiteren jüngsten Arbeiten gehörte 2019 der Kölner Tatort „Niemals ohne mich“ (AT).
Statement von Nina Wolfrum
„Ein Killer und ein Halber“ rüttelt eine ganz einfache Erkenntnis wach: Man weiß nie, wie viel Zeit einem noch bleibt. Hauke Jacobs weiß das, Lona Vogt erlebt es, Jule Christiansen lernt es in diesem Film.
Für mich bestand die große Herausforderung darin, authentische Figuren zu erzählen. Wir haben es in „Ein Killer und ein Halber“ mit einem Auftragsmörder zu tun und einem Jungen, der es gerne wäre. Diese beiden sehr speziellen Charaktere treffen aufeinander und unterhalten sich über ihre gemeinsame Leidenschaft: die Leidenschaft zu töten. Wie könnte ein solches Gespräch wohl ablaufen zwischen zwei einander völlig fremden Menschen, die sich einzig auf dieser morbiden Ebene treffen? Wie spielt man das? Wie inszeniert man das, ohne dass es aufgesetzt, überspitzt und klischeehaft wirkt? Das ist uns, glaube ich, gut gelungen, aber es war ein weiter Weg dorthin.
Auf der emotionalen Ebene war es in meinen Augen eine echte Aufgabe, die Liebesbeziehung zwischen Jule und Timo wahrhaftig und glaubhaft zu inszenieren. Zu zeigen, wie Jule in einen existentiellen Konflikt stürzt, den dieser Mann, den sie nur ein einziges Mal zuvor getroffen hat, in ihr auslöst.
Die Reihe „Nord bei Nordwest“, gedreht an der Ostsee, in Dünenlandschaften, an Strandseen und steinigen Kliffküsten, stillt eine tiefe Sehnsucht, die uns innewohnt: nach rauer, wilder Natur. Vielleicht sogar nach einer übermächtigen Natur, die sich nicht mehr steuern lässt, die größer ist als wir. Mittendrin steht ehrlich und aufrecht das kleine Schwanitz und bäumt sich auf gegen alle bösen Einflüsse von außen. In seiner beschaulichen Übersichtlichkeit stellt Schwanitz in einer undurchschaubaren Welt das Gleichgewicht wieder her. Hier hat alles seinen guten Platz. Hier ist man sicher vor den Unwägbarkeiten des Lebens, zumindest meistens. Denn immer wieder wird notgedrungen ein bisschen Welt hineingelassen in diesen Mikrokosmos, die dann mit aller Wucht über die Dorfbewohner hereinbricht. Da hilft dann nur noch Hauke Jacobs mit seinem unnachahmlichen Humor, der so ehrlich ist, dass es manchmal auch weh tut. Aber das ist eben immer ehrlich und auf einem hohen Niveau. Das empfinde ich als eine große Stärke dieser Reihe.
Ich glaube, dass Hauke Jacobs Lona Vogt liebt – auf seine Weise. Aber er will nicht, dass sich etwas ändert. Er ist kein Freund von Veränderungen. Lona ist in gewisser Weise durch ihre Vergangenheit, durch das, was ihr widerfahren ist, traumatisiert. Ihre Mutter wurde ermordet, sie selbst wäre fast gestorben. Diese Todesnähe löst eine große Verunsicherung und Haltlosigkeit aus. Aber Lona setzt sich nicht mit ihrem Trauma auseinander, sie ignoriert ihre Gefühle und stößt die weg, die ihr helfen wollen. Sie will nicht „gerettet werden“, keine Schwäche zeigen, schon gar nicht vor Hauke, für den sie tief empfindet. Also stürzt sie sich zurück in die Arbeit, sie will, dass alles wieder so ist, wie es war. Aber das ist es nicht.
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