Gespräch mit Andreas Guenther
Anton Pöschel war schon immer eine eigene Größe im Rostocker Team. Wie würden Sie seine Stellung darin beschreiben?
Pöschel hat eine Art Ausnahmestatus in diesem Team, weil er sich nicht nur von Bukow sagen lässt, was er zu tun hat, sondern auch seine eigenen Wege geht und seine eigenen Ermittlungen anstrebt. Er sah sich ja von vorneherein in Konkurrenz zu Sascha Bukow, weil er ursprünglich davon ausgegangen ist, dass ihm die Leitung des Rostocker Ermittlungsteams übertragen wird. Das nagt natürlich an ihm, aber er hat inzwischen seine Rolle gefunden. Er macht sich seine eigenen Gedanken, verfolgt seine eigenen Strategien und lässt sich dabei oft von seinem Bauchgefühl leiten. In gewisser Weise ist Pöschel in diesem Team sein eigener Herr, auch wenn ihn seine Ermittlungen hin und wieder in die falsche Richtung führen.
Ist er so was wie der Streber vom Dienst?
Nein, Pöschel ist ganz und gar nicht der Streber vom Dienst! Er ist ehrgeizig, das ist schon richtig; er will die Karriereleiter hoch, und er fühlt sich in seiner Kompetenz nicht ernstgenommen, gerade von Bukow. Pöschel hat im Prinzip ein Problem, das er selbst noch nicht durchschaut hat: Nämlich dass er sich mit seinem Ehrgeiz selbst im Weg steht. Er will allen zeigen, dass er’s draufhat. Wer kennt das nicht, dass man es seinem Umfeld recht machen will, dass man alles gut machen will und dann die Anerkennung bekommen möchte, die jeder Mensch einfach braucht? Aber Pöschel schießt einfach häufig übers Ziel hinaus und dann passiert genau das Gegenteil und er fällt wieder auf die Nase. Das ist das Schöne an der Figur.
Ist Pöschel Ihnen ans Herz gewachsen?
Ja, total. Das ist einfach eine wunderbare Figur. Wenn ich das spiele, geht mir das Herz auf. Das ist so menschlich, dieses Scheitern, Hinfallen und sich wieder Aufrappeln, der Kampf mit sich selber und mit dem Leben. Die Figur bietet so viel, das macht unglaublich Spaß.
Das ewige Scheitern hat natürlich eine komische Wirkung. Trotzdem nimmt man seine Versuche immer wieder ernst …
Ja, das hoffe ich sehr, denn Pöschel ist absolut kein Idiot und er ist kein Clown. Er steht sich nur einfach selbst im Weg. Das macht diese Figur so interessant. Man lacht über ihn, und manchmal denkt man: Mensch, ich würd’s dem so gönnen, dass er mal den Fall löst und nicht wieder auf die Nase fällt.
Sein übertriebener Ehrgeiz könnte ihn auch unsympathisch machen. Wie schwer ist es, diese Seiten auszutarieren?
Genau das ist die Kunst, die Herausforderung. Er ist nie unsympathisch, und das darf er auch nie sein. Er ist kein Arschloch und kein böser Mensch. Im Grunde seines Herzens ist er ein Gerechtigkeitsfanatiker. Er tritt gerne für die Schwächeren ein, weil er diese Rolle aus seinem Leben gut kennt. Auch er fühlt sich oft nicht richtig wahrgenommen und unterstützt. Und das verleitet ihn dann dazu, dass er seine eigenen Wahrheiten über andere stellt. Die Schwierigkeit ist genau die, dass man die Figur nicht verrät. Dass man sie nicht eindimensional wirken lässt und sagt, er ist der lustige Part. Nein, das ist er nicht. Er ist genau dazwischen. Es kommt jedes Mal wieder darauf an, die Nuancen herauszuarbeiten, und ich glaube, das ist uns bisher gut gelungen.
In "Im Schatten“ endet sein Alleingang in Betroffenheit. Plötzlich ist Pöschel weniger fachlich als menschlich gefordert.
Pöschel ist ein bisschen ruhiger und reifer geworden. Und man kommt ihm menschlich ein Stück näher. Er zeigt mehr von dem, was in ihm vorgeht. Hier steht er am Ende einer kranken Witwe gegenüber, und es gibt diesen sehr schönen Moment, in dem er ihr sein Mitgefühl zeigt oder es zumindest andeutet. Pöschel, der ja immer mit den Schwächeren sympathisiert, möchte dieser Frau wenigstens ein bisschen Gerechtigkeit widerfahren lassen. Hier deutet sich an, was noch in ihm schlummert. Es gefällt mir, dass Pöschel jetzt so eine Entwicklung macht, dass er mehr Facetten bekommt und erwachsener wird. Da sehen wir in nächster Zeit noch mehr von ihm, hoffe ich. Die Reibereien mit Bukow stehen nicht mehr ganz so im Vordergrund. Pöschel hat seinen Platz jetzt tatsächlich ein bisschen gefestigt.
(Das Interview führte Birgit Schmitz)
Kommentare