Gespräch mit Anneke Kim Sarnau

König (Anneke Kim Sarnau) und Bukow (Charly Hübner) haben den Geiselnehmer im Visier.
König und Bukow haben den Geiselnehmer im Visier. | Bild: NDR / Christine Schroeder

"Im Schatten" zeigt die Ermittler im Kampf gegen das organisierte Verbrechen in Rostock. Inwiefern gefiel Ihnen die Geschichte?

Mir gefiel, dass es mit Jana Zander eine weibliche Protagonistin gibt, durch die Katrin König herausgefordert wird. Man weiß sehr lange nicht, was es mit dieser Zollfahnderin eigentlich auf sich hat, weil sie ein doppeltes Spiel treibt. Für mich als Profilerin war das ziemlich reizvoll. Spannend ist natürlich auch, dass hier mal gezeigt wird, was für ein wichtiger Drogenumschlagplatz der Rostocker Hafen ist. Man denkt immer, Deutschland wäre so ein weißes Blatt, was Mafiakader angeht. Aber hier sieht man, dass das überhaupt nicht der Fall ist. Deutschland ist in seiner Klarheit und Bürokratie im Gegenteil offenbar perfekt für die Mafia.

Katrin König begegnet dem ranghöchsten ’Ndrangheta-Mitglied Rostocks recht offensiv. Ist das nicht ganz schön draufgängerisch?

Es kribbelt ihr einfach wahnsinnig in den Fingern, weil sie seit Jahren an dieser Organisation und ihrer Struktur dran ist. Sie weiß genau, wer wo sitzt und wo hingehört. Deshalb kann sie gar nicht anders. Sie muss da hin, das ist ihre kriminalistische Ader. Es bringt sie auf die Palme, dass diese Typen eiskalt ihre Sachen durchziehen, gleichzeitig aber eine Moral innerhalb ihres Systems haben, die sie total verkehrt findet. Sie geht diesen Mafioso aber natürlich auch deshalb so frech an, weil sie ihn aus der Reserve locken will; er soll seine Maske fallen lassen. Dass sie sich mit ihrem Verhalten eventuell selbst in Gefahr bringt, ist zweitrangig für sie. Mit diesem Risiko geht sie regelmäßig um, das ist ihr Beruf.

Bei einem abendlichen Besäufnis kommen Bukow und König sich plötzlich sehr nah, aber Katrin König bremst den Kollegen aus. Dabei ist sie eigentlich gar nicht abgeneigt, oder?

Es geht ihr darum, dass das so ein klassischer Move ist, den er da macht, in diesem Zustand. Das kann sie nicht annehmen, das ist ihr zu plump. Da ist sehr viel zwischen den beiden, aber das geht über eine physische Anziehungskraft hinaus. Deshalb findet sie es respektlos. Sie will sich nicht in so einem Augenblick physisch auf ihn einlassen, einfach so, ohne Vorbehalt. Sie weiß, dass sie mehr ist als das.

Bukow durchlebt gerade eine schwere Zeit. Macht sie sich eigentlich Sorgen um ihn?

Ja, ich glaube, ein bisschen macht sie das immer. Weil Bukow einer ist, der auf mehreren Ebenen ein ziemliches Risiko fährt. Aber gleichzeitig denkt sie auch: Der ist erwachsen, der muss seine Sachen auch mal auf die Reihe kriegen. Sie schwankt zwischen Sorge und Angestrengtsein von diesem Menschen, der die Grenzen immer so ausdehnt.

Als Jana Zander sich in die Ermittlungen einschaltet, ist die Profilerin irritiert. Betrachtet sie die andere als Konkurrenz?

Ich glaube eher, sie fühlt sich unwohl damit, dass diese Person, die von außen kommt und die sie noch nicht klar einordnen kann, einfach so in den Ermittlerkreis eindringt. Da es ein paar Ungereimtheiten gibt, auch auf der Ebene der Zollfahndung, möchte Katrin König nicht sofort alle Karten auf den Tisch legen. Vielleicht schwingt auch ein bisschen unterschwellige Konkurrenz mit, aber wenn, dann ist ihr das nicht richtig bewusst. Alles andere wäre zu unprofessionell für sie.

Hier gibt es ein Wiedersehen mit Mirko Lewandowski, der die Profilerin vor Jahren angeschossen hat. Bukow und sie wenden ihm gegenüber eine interessante Verhörtechnik an …

Weil wir nicht wollten, dass das eine nach Schema F verlaufende Verhörszene wird, die man schon so oft gesehen und gespielt hat, haben wir Ermittler beschlossen, über Mirkos Kopf hinwegzureden und ihn dabei ganz auszuklammern. Alles, was eigentlich Mirko gilt, sagen wir nur uns untereinander. Natürlich um zu provozieren. Dass er daraufhin dann seinen Joker aus dem Ärmel zieht, ist natürlich fies.

Gerdy Zint spielt den brutalen Proleten bemerkenswert glaubwürdig. Wie ist die Arbeit mit ihm?

Gerdy hat ja auch in "Einer trage des anderen Last" schon mitgespielt, und damals habe ich es sehr bedauert, dass ich nur ein paar Drehtage mit ihm hatte. Damals hatten wir einen ziemlich wilden Haufen versammelt, zu dem auch Maria Kwiatkowsky gehörte. Ich hab’ gedacht, die spielen alle komplett aus sich selbst raus, total ehrlich. Aber Gerdy weiß genau, was er tut und wie das Spiel geht. Er hat eine eigene Geschichte, die ihn zu dem gemacht hat, der er ist. Aber das hindert ihn nicht daran, hochprofessionell zu arbeiten, und ich glaube, er könnte auch ganz andere Rollen spielen. Ich fand’s cool, mit ihm zu drehen.

Wie gefiel Ihnen die Zusammenarbeit mit dem jungen Regisseur?

Philipp Leinemann ist sehr professionell, sehr ruhig und sehr nett. Ich will immer wissen, warum meine Figur das tut, was sie tut, und nicht einfach etwas durchexerzieren, was im Drehbuch steht. Philipp hat das sehr schnell mitbekommen und mir tolle Vorschläge gemacht, mit denen ich sehr viel anfangen konnte. Das ist einer, der Antwort geben kann. Er kann zulassen, dass wir erst einmal untereinander nach Lösungen suchen, sagt dann aber klar, wie er die Dinge sieht. Er hat eine gute Autorität, ohne autoritär zu sein. Sehr angenehm.

(Das Interview führte Birgit Schmitz)

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