Gespräch mit Charly Hübner
Im neuen "Polizeiruf 110" sehen wir einen Familienvater, der zu verzweifelten Mitteln greift. Sascha Bukow ist selbst Familienvater; geht ihm dieser Fall per se näher als andere?
Natürlich. Was Bukow, König, Thiesler und Pöschel an den Tatorten vorfinden, ist absolut unalltäglich und schrecklich. Das lässt niemanden professionell kalt. Das ist eine grausame, traurige Tragödie.
"Familiensache" variiert das Thema Familie und ihre Wichtigkeit auf verschiedenen Ebenen. Was sind für Sie die Stärken des Films?
Eoin Moore und Andreas Schmidt erzählen uns diesen Familienvater aus seiner Verzweiflung heraus. Das nimmt uns Zuschauern das direkte, schnelle Urteilen, was ich toll finde. Auch dass der Regisseur den Aufwand, der hinter so einer Fahndung steckt, aufwendig erzählt, gefällt mir. Und dass das Leben Bukow so übel mitspielt, dass er während dieser Ermittlung von der Affäre seiner Frau erfährt, ist hart und gekonnt geschrieben. Bemerkenswert finde ich zudem den Anfang, dass der Film auf zwei Ebenen beginnt; in derselben Nacht, in der die Polizei heftig feiert und trinkt, wird diese Familie zerstört. Das ist krass.
Die Umstände, unter denen Bukow von Vivians Verhältnis erfährt, sind denkbar unglücklich. Ohne zu viel verraten zu wollen: Bukow reagiert anders, als man erwarten würde. Was geht in ihm vor?
Bukow ist ein Spieler. Er kann sogar in dieser Situation schnell seine Regeln neu stellen, und davon erfährt niemand etwas. Das ist sein Wesen, über Jahrzehnte geschult.
Bukow geht bei Vivian in die Offensive. Ein bemerkenswerter Auftritt. Worauf kam es Ihnen dabei in erster Linie an?
Ich wollte die Wucht der Szene, wie Eoin sie geschrieben hatte, einfach nur schaffen. Bukow wird von sich selbst überrollt, weil er am Abgrund seiner bürgerlichen Existenz steht. Er weiß, bricht die weg, wird er haltlos und bodenlos sein, denn das ist seine Natur. Und weil er spürt, dass das niemandem Äpfel bringt, kämpft er um seine bürgerliche Existenz und um die Ehre seiner Ehe.
Ist das auch eine bewusste Strategie, um das Gesetz des Handelns wieder auf seine Seite zu bringen und Thiesler an den Rand zu drängen?
Na klar.
Dass die Kollegen vor ihm von der Affäre wussten, vergrößert seine Schmach noch. Ist zu erwarten, dass er in dem Punkt nachtragend sein wird?
Es gibt keine pauschale Erwartungshaltung bei Bukow. Dass andere es vor ihm wussten, nervt nur seine Eitelkeit. Und ich erlebe ihn nicht als nachtragend, sondern eher so, dass er sich für jede und jeden Einzelnen etwas überlegen wird, wie er sie spüren lässt, dass sie so mit ihm umgegangen sind.
Sascha und Vivian finden am Ende eine charmante Übergangslösung, was ihre Wohnsituation angeht. Verraten Sie uns, ob das Provisorium Bestand haben wird?
Ich finde die Übergangslösung nicht charmant und das Provisorium überlebt nicht mal den nächsten Winter. Bukow hat verloren. Bukow weiß, wohin seine Reise ihn jetzt führt (wenn Vivian ihn nicht zurückholt). Und davor hat er Angst.
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