Gespräch mit Stefan Kurt
(spielt Michael Mertins)
Michael Mertins
Ein Vater kann etwas ganz Wundervolles sein. Er kann einem Sohn Vorbild sein, ihn lieben, ihn beschützen, ihn behutsam ins Leben führen. Oder er kann wie der Vater von Michael Mertins sein. Mertins hat seinen Vater als imposanten Tyrannen erlebt. Gewalttätig gegen die Mutter, einschüchternd für den schwächlichen Jungen, der ihn immer wieder auf die leidenschaftlich betriebene Jagd begleiten muss. Ein Leben lang hatte er diesen Mann an seiner Seite – oder im Nacken? Zuletzt im Einfamilienhaus, das Michael und seine Frau Antje Mertins gemeinsam bewohnen. Bei Antjes Einzug wechselt der Vater in den Keller – verdrängt, um von da an im Unterbewusstsein rumoren zu können. Irgendwann ist er tot. Aber rumort weiter. Michael Mertins ist ein zurückhaltender Mann. Er liebt Spaziergänge durch den Wald. Schätzt das nachbarschaftliche Gespräch. Stets höflich und achtsam, aber auch ein bisschen zu formal sind die Unterhaltungen mit Antje. Er braucht sie, aber sie ist auch weit weg. Im Kirchenchor achtet man ihn als engagierten und talentierten Sänger. Der Gesang ist eine der Gelegenheiten, wo er mal Dampf ablassen kann. Es ist ein Ventil, eines, das er dringend braucht, denn der Druck ist viel höher, als man dem ruhigen Herrn Mertins ansieht.
Gespräch mit Stefan Kurt
Zum Glück wird nicht jeder Sohn eines kaltherzigen oder übergriffigen Vaters zum Mörder. Warum sind aber gerade die männlichen Nachkommen oft so stark vom Unwesen ihrer Väter geprägt?
Väter und Söhne haben eine spezielle Beziehung. Das ist anders als bei Töchtern. Die Tochter liebt den Vater oder eben nicht. Für den Sohn aber dient der Vater zur eigenen Identifizierung. Der Vater ist für den Sohn immer ein Vergleich, es wird immer einen Mix aus Liebe, Idealisierung und Reibung zwischen den beiden geben.
Ihr Portrait eines Serienmörders gerät eindringlich. Mit welchen Ideen haben Sie die Psyche eines zerrütteten Menschen aufgespürt?
Als Schauspieler versuche ich, von verschiedenen Seiten an die Figur, die ich spiele, heranzugehen. Bewegung, Gestik, Mimik, imaginierte Bilder, Tonalität der Stimme, „Temperatur“ der Figur, aber auch psychologische Verhaltensweisen und eine große Portion Fantasie und Einfühlungsvermögen gehören dazu. Die Arbeit ist für mich sehr intuitiv. Es ist der Versuch, sich in die Figur und den Charakter hineinzuhören, um ihn soweit als möglich verstehen und somit auch spielen zu können.
Welche Art Beziehung lebt Mertins mit seiner Frau? Ist sie nur vorgetäuschte Normalität oder mehr?
Für Mertins ist es die Normalität. Aber im Laufe des Films begreifen wir, dass die heile Welt bröckelt. Die Beziehung zu seiner Frau verhilft Mertins, seine Vergangenheit verdrängen zu können. Das geht solange gut, bis seine Frau und Borowski beginnen, Fragen zu stellen.
Der Wald als Mythos hat die Menschen schon immer berührt. Der Wald stiftet Frieden und Trost, lehrt das Atmen wie das Fürchten, und wird – im Guten wie im Schlechten – bisweilen zur Grabstätte erwählt. Warum kehrt Mertins immer wieder dorthin zurück?
Mertins würde dazu antworten, dass er gerne mit dem Hund im Wald spazieren geht. Weiter nichts. Wahrscheinlich treibt es den Täter immer wieder unbewusst an den Ort der Tat zurück.
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