Adele Neuhauser im Interview

Adele Neuhauser (Bibi Fellner)
Adele Neuhauser  | Bild: ORF / Petro Domenigg

Adele Neuhauser über einen ganz besonderen „Tatort“, die Partnerschaft der Kommissare und Ihre Begeisterung für den Regienachwuchs.

Im Mittelpunkt Ihres neuen Falls steht die Partnerschaft der Kommissare. Dreht sich anfangs alles um die Frage: Wie stehen wir eigentlich zueinander?

Es ist eine platonische Liebe. Dass sich die Kommissare auf einer Geburtstagsfeier auch mal tiefer in die Augen schauen und in den Armen liegen, gehört dazu. Diese besondere Nähe wird im Film aber sofort gebrochen, da er sich am nächsten Tag an nichts mehr erinnern kann. Sein Filmriss ärgert sie ziemlich, weil sie in dieses Gefühl gar nicht so hineinfallen wollte. Und es verletzt sie auch, dass er nicht einmal mehr weiß, wer ihm die Torte geschenkt hat. Noch dazu, wo Backen überhaupt nicht so ihr Ding ist. Sie ist da wirklich über ihren Schatten gesprungen. Zu allem Überfluss macht sie sich auch noch Sorgen, dass die Torte womöglich schlecht war (lacht). Ich finde diese Szenen zu Beginn wunderbar menschlich. Obwohl sie gar nichts miteinander haben, wird es gleich so kleinkariert.

Wird die Freundschaft hier selber zum Fall?

In unserem „Tatort“ hat es schon immer Geschichten gegeben, in denen die Freundschaft Thema war. Aber in dieser Form, dass er völlig abhängig ist von ihrer Kraft und ihrer Initiative, habe ich es noch nicht erlebt. Moritz Eisner ist lange benommen von den Drogen, die ihm offenbar jemand in den Geburtstagsdrink gemischt hat. Er wirkt verstört, unsicher und ist viel zu verwirrt, um selber den Mordverdacht auszuräumen, in den er geraten ist. Umso mehr reißt sich Bibi zusammen. Weil sie weiß, es geht jetzt nicht um ihre Person. Sie muss bei klarem Verstand bleiben und Nägel mit Köpfen machen. Diese Ausgangslage ist ein ganz starker Kniff der Autoren. Für mich ist es ein ganz besonderer „Tatort“.

Hat sie Angst, ihn zu verlieren?

Sie hat große Angst davor, weil sie weiß, was auf dem Spiel steht. Wenn sie es nicht schafft, den Fall aufzuklären, dann wird ihr Partner im Gefängnis bleiben und da drinnen zerbrechen. Als Kommissar im Gefängnis zu landen, ist sicher nicht lustig. Wenn man dann auf die Leute trifft, die man hinter Gitter gebracht hat, ist man ein gefundenes Fressen für die anderen Insassen. Im Übrigen hat Harald die Verzweiflung in der Zelle großartig gespielt. Diese Momente gehören für mich zu den absoluten Highlights des Films. Ich war hin und weg.

Zweifelt sie nicht auch an seiner Unschuld?

Diesen Gedanken will sie nicht zu Ende denken. Bibi misstraut ihm nicht, aber es ist schon eine verzwickte Situation, weil immer wieder neue Aspekte hinzukommen, die ihn verdächtig machen. Es war nicht einfach, diese Momente zu spielen. Weil die Emotionen, die damit verbunden sind, meistens unter dem Deckel bleiben. Aber in zwei Szenen kommen Bibis Zerrissenheit und Wut deutlich zum Ausdruck. Es ist eine berührende Szene, als sie ihn im Auto fragt: „Moritz, du würdest mir doch sagen, wenn ich noch etwas wissen müsste, oder?“ Später im Kommissariat kommt es zu einem heftigen Streit, weil er jeden ihrer Ermittlungsansätze abschmettert. Es macht mich jetzt schon wieder nervös, wenn ich nur darüber spreche (lacht).

Arbeiten Sie gern mit jungen Talenten wie der Regisseurin Katharina Mückstein zusammen?

Es gibt einen richtigen Schwung an Nachwuchstalenten, mit denen wir auch schon gedreht haben. Wir sind begeistert von Dominik Hartl, Daniel Prochaska, Catalina Molina oder jetzt Katharina Mückstein, alles engagierte Filmemacher, die sehr genau und auch inhaltlich stark arbeiten, die offen sind und ohne übertriebenen Respekt an die Sache herangehen. Es ist wirklich ein Arbeiten auf Augenhöhe. Sie haben auch ein Bewusstsein dafür, wie man mit Frauenfiguren im Film umgeht. Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen sind in unserer Gesellschaft weiterhin ein großes Problem, was erschreckend ist. Es ist noch immer nicht in vielen Köpfen gelandet, dass eine Frau nicht das Eigentum ihres Mannes ist und er sie nicht behandeln kann, wie er will. Dagegen versuchen wir im Wiener „Tatort“, ein anderes Frauenbild zu zeigen: das einer eigenständigen, gleichberechtigten Persönlichkeit.

Führen die Kommissare eine Beziehung, wie Sie es sich allgemein wünschten?

Im Grunde ja. Es ist schön, sich jemanden so anvertrauen zu können, wie die beiden es tun. Darum geht es. Leider sind sie halt ein bisschen vereinsamt und verloren. Deswegen sind die beiden auch so stark voneinander abhängig, weil sie sonst niemanden haben. Eine furchtbare Vorstellung, wenn er als Partner und Freund nicht mehr an ihrer Seite sein könnte. Nicht denkbar. Das darf nicht sein!

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