Interview mit Claudia Prietzel und Peter Henning (Buch und Regie)
Im Tatort "Echolot" geht es in besonderer Weise um die Beziehung zwischen Mensch und Digitalität. Wo und wie haben Sie recherchiert?
Peter Henning: Die Auswirkung der Digitalisierung auf die Menschen war schon in meinem Debut-Film "Der Zauberkasten" Thema und hat mich in all den Jahren nicht verlassen. Ich habe an der Filmuniversität Babelsberg vier Jahre ein Forschungsprojekt geleitet, das sich intensiv mit virtuellen Realitäten und immersiven Medien beschäftigt.
Claudia Prietzel: Für den Film haben wir dann noch einmal in Startups recherchiert und Interviews mit Programmierern und Gamegestaltern geführt. Das Thema, welche Rolle das Internet und die Digitalisierung in unserem Alltag spielt, ist aber sowieso gerade, auch privat, sehr präsent.
Nun ist es ja nicht leicht, in den Medien über Medien zu berichten. Wie sind Sie mit dieser besonderen Herausforderung umgegangen?
Peter Henning: Es gibt viele digitale Entwicklungen und damit Medienerfahrungen, die bei den meisten Zuschauern noch nicht angekommen sind. Die Erfahrungen mit der 360°-Umsicht in einer Virtual Reality-Brille haben noch wenige gemacht. Erste Nutzer berichten zwar von wirklichkeitsähnlichen Erfahrungen, aber wenn man es noch nicht erlebt hat, fehlt einem die sinnliche Erfahrung. Da wir die Brille nicht nutzen können, muss das Gefühl der Begegnung erzählerisch erzeugt werden. Der Tatort "Echolot" führt die Zuschauer aus der zweidimensionalen Welt des Flatscreens in die 360°-Umsicht, indem er mit den Kommissaren gemeinsam diese Welten begeht.
Claudia Prietzel: Genauso schwierig ist es, eine figürliche Abbildung für das Innere eines Computers zu finden. Hier mussten wir eine besondere, künstliche Figur schaffen. Es war vor allem wichtig, die Erzählung so aufzubauen, dass die Zuschauer Stück für Stück diese Welt kennenlernen und langsam hineinwachsen, damit sie am Ende selbst mitten in diese digitale Vielfalt hineingeraten können.
Was bedeutet die digitale Entwicklung für die Filmproduktion beziehungsweise das Erzählen von Geschichten für Film und Fernsehen?
Peter Henning: Die Wahrnehmung der Zuschauer hat sich durch die Omnipräsenz der Medien massiv verändert. Heute sieht man sich Filme auf dem Tablet oder in der U-Bahn auf dem Handy an. Die Grenzen zwischen den reinen Fiktionen und dem selbstgebauten Internetauftritt verschwimmen. Viele Facebook-Seiten sind fiktionalisiert. Das heißt, sie erzählen ein Leben, das so meistens nicht stattfindet. Es wird zunehmend schwieriger, hinter die Dinge zu schauen und zu sehen, was mit den Menschen wirklich los ist. (...) Auf jeden Fall gehört die digitale Kommunikation heute schon zu jedem Film, so wie es im Alltag auch ist.
Claudia Prietzel: Vor allem junge Zuschauer sind es zudem gewohnt, mehrdimensionale Inhalte zu erfassen, weshalb man mehrere Ebenen erzählen und auch in der Form wesentlich vielfältiger erzählen kann. Das heißt allerdings nicht, dass sich damit alle Gesetze der Dramaturgie geändert haben, man kann sie nur anders einsetzen. (...) Für Erzähler gibt es hier viel Neues zu entdecken.
Ein Echolot ist ja eigentlich ein Gerät, das mit elektroakustischen Signalen Wassertiefen misst. Was bedeutet der Titel für den Tatort?
Peter Henning: Das Echolot sendet Schallwellen aus, die, sobald sie auf einen Gegenstand stoßen, die Wellen reflektieren und an den Sender zurück schicken. Das ist eine interessante Parallele zur digitalen Welt. Wir senden Signale in Form von Filmen, in sozialen Netzwerken oder auf Kurznachrichtendiensten aus und warten gespannt, ob etwas zurückkommt.
Claudia Prietzel: Der Tatort "Echolot" versucht, das digitale Echo auszuloten. Wir beobachten, wie die digitale Welt Einfluss auf das Leben nimmt. Wird das digitale Signal aufgenommen, verschwindet es in den Weiten oder wird es heftig und schnell angenommen? Wie das Echolot die Tiefe des Meeres auslotet, loten wir die Tiefe der Verbindung zwischen Mensch und digitaler Welt aus.
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