So., 30.05.21 | 19:20 Uhr
Das Erste
England: Royals beeinflussen heimlich Gesetze
Es könnte so schön sein in Cornwall, auf den Scilly Inseln vor der englischen Südküste. Wenn da nicht dieser Dauer-Ärger wäre – mit den Royals. Hier haben sie so ihre Probleme mit der Queen, und noch mehr mit Prinz Charles, dem Herzog von Cornwall. Alan Davis fragt sich jedenfalls manchmal, ob er noch in der alten feudalen Zeit lebt, als der Adel das Sagen hatte. Sein Haus steht auf Charles zahlreichen Ländereien. Alan hat es samt Grundstück zum üblichen Preis gekauft, darf es aber nur 99 Jahre nutzen. "Prinz Charles hat seine privilegierte Position ausgenutzt und der Regierung gesagt, sie soll regeln, dass wir das Haus nicht für immer kaufen können." Seine Sorge ist, seinen Kindern nichts hinterlassen zu können. "Was man hat, will man doch weitergeben."
Ärger um befristetes Eigentum
Die Royals machen der Regierung Vorgaben? Das ist im demokratischen Großbritannien eigentlich nicht möglich. Und doch gibt es auf den Inseln überall Ärger mit Häusern, die von Prinz Charles nur für eine befristete Zeit gekauft werden können. Makler Tony Dingleyhat auch damit zu tun. Befristetes Eigentum ist oft zu finden in England, aber etwas was die britische Regierung seit Jahren bekämpft, weil es ausgesprochen ungerecht sein kann. "Du hast ein großes Problem. Wenn die Befristung nämlich nicht verlängert wird, dann verlierst du auch dein Haus. Hier in Cornwall kann das immer noch passieren, anderswo ist man davor schon geschützt", erklärt Tony Dingley.
Wer will kann in England eigentlich schon lange befristetes Eigentum in Dauerhaftes umwandeln. Oder immer wieder die Frist verlängern. Einzige Ausnahme und so steht es ausdrücklich im Gesetz: Wenn es um Ländereien der Royals geht, wie in Cornwall. Viele auf den Inseln erzählen verzweifelte Geschichten, trauen sich aber nicht, Prinz Charles öffentlich anzugreifen. "Seine Leute haben mir eine einmalige Verlängerung von 50 Jahren angeboten. Und danach verliere ich das Haus und Grundstück. Es geht einfach an Charles Verwaltung, ohne Kompensation. Ich habe versucht zu verhandeln. Sie drohen mit den teuersten Anwälte, was die Leute einschüchtert", erzählt ein Betroffener.
Charles lässt dazu ausrichten: Jeder Käufer kenne ja die Ausnahmeregelungen für seine Ländereien. Für die Royals ist die Ausnahme im Gesetz unschlagbar: Sie sichern langfristig Einnahmen. Charles zum Beispiel verdient in Cornwall über 20 Millionen Euro, weil neben dem Kaufpreis noch jährlich Gebühren für die Häuser zu zahlen sind.
Gesetze werden der Queen zum Teil heimlich zur Beurteilung vorgelegt
Wie konnte es zu den Sonderregeln für sie überhaupt kommen? Wenn sie doch offiziell eigentlich keinen Einfluss haben. Und die Queen im Parlament nicht mehr tut, als aus Tradition die Regierungspläne vorzulesen, dort wo die Lords sitzen. David Pegg, Journalist beim Guardian, ist mit Kollegen kürzlich auf eine bisher wenig bekannte Prozedur gestoßen. Gesetzespläne, die Folgen für die Finanzen der Queen haben, werden ihr vorab gezeigt. Offiziell nur eine Formalie. "Was wir nicht wussten, bevor wir auf Unterlagen gestoßen sind: Bei dem Mechanismus fragt die Regierung die Königsfamilie heimlich, was sie vom Gesetzentwurf halten. Und sie können entweder sagen. 'Alles okay' oder: 'Wir haben damit ein Problem.' Und dann gibt es offensichtlich eine unausgesprochene Pflicht für die Regierung darüber nachzudenken und Änderungen vorzunehmen.
Wohl über 1.000 Gesetze wurden der Queen zur Beurteilung vorgelegt. Und als es um die Verbesserungen für Hauskäufer ging, wurde auch Prinz Charles vorab befragt. "Wir wissen: Es stehen Ausnahmen für Charles im Gesetz. Wir wissen, die Entwürfe wurde ihm vorher gezeigt und er durfte sich dazu äußern. Wir haben gefragt was seine Stellungnahme war? Sagen wollte er es uns nicht", so Pegg.
Totale Transparenz gefordert
Gerade ist übrigens ein weiteres Gesetz geplant, um befristetes Eigentum faktisch abzuschaffen. Und Anthony Berkeley auf den Scilly Inseln fragt sich, ob die Royals wieder Ausnahmen wünschen. Er ist Lord im Parlament, und nicht mal er bekommt Auskunft – seit Jahren schon nicht: "Ich möchte die Korrespondenz sehen. Wissen, was sie geändert haben wollten. Aber sie veröffentlichen es nicht. Und mittlerweile haben sie eine solche Angst dass sie alles über das Telefon machen und nichts mehr dokumentieren. Das ist völlig inakzeptabel."
Lord Berkeley ist gar nicht gegen die Monarchie. Nur soll sie keinen Einfluss nehmen dürfen, schon gar nicht heimlich. Das gehe nicht in einer Demokratie. Er will es im Parlament zum Thema machen: "Totale Transparenz. Das Könighaus fragen ob sie ein Gesetz gut finden oder Änderungen wollen? Abschaffen. Das ist einzig und allein Sache des Parlaments."
Und Hausbesietzer Alan, der wie viele unter der Sonderbehandlung der Royals persönlich leidet sagt: "Es ist einfach nur Gier und Scheinheiligkeit". Er hofft, dass auch ihre Ausnahmen abgeschafft werden. Damit für sie die gleichen Rechte gelten, wie sonst überall auch.
Autor: Sven Lohmann, ARD London
Stand: 09.06.2021 16:59 Uhr
Kommentare