Interview mit Drehbuchautor Peter Koller

Alex Pollack (Hannes Jaenicke, li.) knöpft sich den Kanzleichef Rynsburger (Guy Clemens) vor.
Schon bald kommen ihnen ihr arroganter Kollege Bakker von der Wirtschaftskriminalität – mit dem Bram wegen eines früheren Falls eine Privatfehde austrägt –, und der smarte Anwalt Rynsburger in den Sinn, dessen noble Kanzlei deutschen Konzernen bei Steuerhinterziehungen hilft. Alex Pollack knöpft sich den Kanzleichef Rynsburger vor. | Bild: ARD Degeto / Martin Menke

Peter Koller

Drehbuchautor

Sie haben erneut die Drehbücher für die beiden neuen "Amsterdam-Krimis" geschrieben. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Man hat mich gefragt und ich habe geschrieben. Nein, im Ernst: Die ersten beiden Filme erhielten sehr gute Kritiken, die Quote sprach für eine Fortsetzung der Reihe, und die Zusammenarbeit mit Produzentin Barbara Thielen (Zieglerfilm Köln) und Sascha Schwingel (damals Redaktionsleiter bei der Degeto) verlief trotz des hohen Zeitdrucks für die ersten beiden Filme sehr pragmatisch zielorientiert und immens produktiv. Ich glaube, das wollten alle beibehalten – im Sinne von "never change a winning team".

Welche Aspekte haben Sie beim Schreiben der Bücher besonders interessiert?

Ursprünglich das für mich "Neue" an dem Format. Ich bin mit Scifi und Horror aufgewachsen und auch meine filmische "Vorbildung" über Krimi/Thriller kommt eher aus Südkorea, Japan, Frankreich, Spanien und den Nordic Noirs aus Skandinavien – Länder, aus denen immer wieder hochwertige Thriller kommen. TV war für mich fast Neuland und etwas Neues auszuprobieren, war das Verlockende dran. Am Ende lief es für den "Amsterdam-Krimi" auf immer in Bewegung befindliche ticking-clocks mit Wendungen und "nichts ist, wie es scheint"-Twists als filmischen Markenstempel für die Reihe hinaus. Eindeutig mehr Thriller als "Kommissare finden eine Leiche am Strand und plaudern sich zum Täter durch"-Krimi.

Wie sind Sie bei der Stoffentwicklung vorgegangen? Gibt es einen realen Hintergrund als Grundidee?

"Tod im Hafenbecken" ist zuallererst von Hauptdarsteller Hannes Jaenicke (Alex Pollack) inspiriert worden, der viel Detailwissen um die berüchtigten "Panama Papers" und über Amsterdam als Steuerparadies auf den Tisch gebracht hat. Die Ermordung der Malteser Aufdecker-Journalistin Caruana Galizia und der NSA-Skandal um Edward Snowden haben zur Rahmenhandlung zwischen Aufdecker-Journalismus, Steuerparadies und Staatsinteressen beigetragen. Wir wollen in erster Linie spannende Unterhaltung liefern, aber die hat eben auch einen durchaus aktuellen und ernsten Hintergrund. "Das verschwundene Kind" ist, ohne zu spoilern, eine "was wäre, wenn … man unser Ermittler-Duo in eine emotional worst-case Situation" bringt und wir den beiden zusehen, wie sie aus der wieder rauskommen. Es ist ein plotreicher Thriller quer durch Amsterdam, der von den beiden Polizisten getrieben ist.

Haben Sie in Amsterdam recherchiert?

Ich kenne die Stadt, aber die Recherche über das Internet halte ich für am informativsten und zeiteffizientesten. Die Motivsuche über Google Earth/Maps und Streetview ist beim Schreiben hilfreicher als ein Besuch vor Ort: Ich könnte sogar mit der VR-Brille in ein paar Minuten durch halb Amsterdam "laufen". Da kann die Realität nicht mithalten, aber die möchte ich ohnehin nicht abbilden: Ich will ja in erster Linie eine spannende Geschichte schreiben und nicht spazieren gehen.

Wie darf man sich die Figurenentwicklung, speziell von Alex Pollack und Bram de Groot, vorstellen?

Das lief durch die rasante Entwicklung der ersten beiden Filme on-the-fly und mit ganz viel Bauchgefühl beim Schreiben ab, kurz: Alex Pollack ist der einsame harte Knochen mit dem weichen Herz für Tiere, der sich nicht dreinreden lässt. Bram de Groot ist der sanfte Familienvater mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn, aber mit einer viel zu kurzen Lunte, der ständig am liebsten ausrasten würde. Wir haben die beiden mal als zwei Fahrer in einem Formel 1 Team verglichen, zwei Sturköpfe, die zur Zusammenarbeit fähig sind, aber jede Lücke, die sich ihnen auftut, sofort nutzen.

Gab es eine Gelegenheit für Sie, die Schauspieler kennenzulernen?

Hannes Jaenicke ist meist von Anfang an dabei, gibt mir aber dann auch den Segen, mein Ding zu schreiben. Die anderen Schauspieler sehe ich meist das erste Mal bei der Sichtung des Rohschnitts oder bei einem Kurzbesuch beim Dreh – aber die haben ihre Regisseure, mit denen sie sich austauschen können, denn zu Drehbeginn stecke ich oft schon in ganz anderen Geschichten.