Fragen an: Emma Boström (Drebuchautorin) und Rakel Wärmländer (Drehbuchautorin und Rolle der „Ebba“)

My (Sofia Helin, re.) und Helena (Alexandra Zetterberg, li.) wünschen sich ein Kind.
My und Helena wünschen sich ein Kind. | Bild: ARD Degeto/Viaplay Group / Ulrika Malm

Wie entstand die Idee für „Limbo – Gestern waren wir noch Freunde“?

BROSTRÖM: „Limbo“ basiert auf einer wahren Begebenheit, die Rakel Wärmländers Freunden während ihrer Schulzeit widerfuhr. Es war ein Ereignis, das das Leben vieler Menschen wirklich verändert und Rakel Wärmländer seither nicht mehr losgelassen hat. Im Laufe der Jahre hat sie darüber nachgedacht, etwas zu kreieren, das auf den Ereignissen von damals basiert, und vor einigen Jahren kontaktierte sie mich, um mich als Headwriter für das Projekt zu gewinnen.

Frau Wärmländer, bei „Limbo“ stehen Sie nicht nur vor der Kamera, sondern haben zum ersten Mal auch das Drehbuch mitverfasst. Was hat Sie dazu bewogen und wie war die Zusammenarbeit mit der Besetzung und der Produktion?

WÄRMLÄNDER: Der Hintergrund war eigentlich ganz einfach, von Anfang an. Ich hatte den starken Wunsch, eine andere Art von Rolle zu spielen als die, in der ich normalerweise besetzt werde, und außerdem wollte ich es in einer Fernsehserie tun, die ich selbst gerne sehen würde. Und ich wollte eine Geschichte erzählen, die mir wirklich wichtig war. „Limbo“ ist eine Geschichte, deren Prämisse der Realität entlehnt ist, meiner Realität im Jahr 1997. Mit etwas Abstand betrachtet ist es also vielleicht nicht so überraschend, dass der Prozess schließlich dazu führte, dass ich die Storyline schrieb, das Drehbuch mitverfasste und auch zur ausführenden Produzentin wurde. Die Zusammenarbeit verlief für ein erstes Mal erstaunlich gut, auch wenn es manchmal verwirrend war, sowohl vor als auch hinter der Kamera zu stehen. Es ist absolut der spaßigste und anspruchsvollste Job, den ich je gemacht habe!

Frau Broström, mit Rakel Wärmländer hatten Sie eine erfahrene Schauspielerin beim Schreiben des Drehbuchs an Ihrer Seite. Was hat Ihre Zusammenarbeit ausgemacht?

BROSTRÖM: Rakel und ich kennen uns seit der Theaterschule und begannen unsere Zusammenarbeit während unserer Ausbildung dort, also vor fast 20 Jahren. Ich denke, es war ein großer Vorteil, dass wir uns so gut kannten, als wir begannen, gemeinsam an dieser Serie zu arbeiten.

Gab es bestimmte Emotionen oder Szenen, die beim Schreiben besonders herausfordernd waren?

WÄRMLÄNDER: Für mich war der schwierigste Teil definitiv der Anfang, als es darum ging, den richtigen Ton zu treffen. Als wir das endlich geschafft hatten, lief alles wie am Schnürchen. BROSTRÖM: Schwierig war, sich mit diesen Schicksalsschlägen auseinanderzusetzen, die das Leben mitunter zu bieten hat. Da ich selbst eine Mutter bin, ist es für mich auch immer schmerzhaft, über Kinder und Eltern zu schreiben, die mit schwierigen Dingen im Leben zu kämpfen haben.

Freundschaft, Elternschaft, Mutterschaft ... All diese Themen spielen eine wichtige Rolle in der Serie. Was hoffen Sie, dass das Publikum aus der Serie mitnehmen wird?

BROSTRÖM: Ich hoffe, dass die Zuschauer:innen das Leben ein bisschen mehr zu schätzen wissen, nachdem sie die Serie gesehen haben. Wie Joan Didion schrieb – das Leben ist nicht mehr dasselbe in einem Augenblick, man setzt sich zum Essen hin und das Leben, wie man es kennt, verändert sich. Das Leben ist zerbrechlich.

Frau Wärmländer, wie haben Sie es geschafft, eine Balance zwischen der Authentizität Ihrer eigenen Erfahrungen und der kreativen Freiheit zu finden, die für eine fiktionale Serie erforderlich ist?

WÄRMLÄNDER: Ich denke, weil wir über die Auswirkungen des Unfalls und nicht über den Unfall selbst berichten wollten, blieb Raum für Fantasie. Außerdem wusste ich nicht, wie die Mütter, beziehungsweise die Familien, die das 1997 in der Realität erlebt haben, reagiert haben, es gab also keine genaue Vorlage. Es war wichtig, dass es keine Rekonstruktion wurde, also sprach ich mit allen Beteiligten von damals, um für meine Arbeit ein tieferes Verständnis und Gefühl für den Unfall zu bekommen. Aber ich habe auch viel darüber nachgedacht und phantasiert, wie ich selbst reagiert, gedacht und gefühlt hätte, und dabei meine schlimmsten Ängste und wenig schmeichelhaften Seiten zum Vorschein kommen lassen. Es gab natürlich einen engen Dialog mit den Familien von damals, um sicherzustellen, dass meine Idee für die Serie für alle in Ordnung war. Sie bekamen das Drehbuch zu lesen, um uns Feedback zu geben, und sie waren sowohl künstlerisch als auch kreativ eine große Hilfe. Mårten, der 1997 das durchlebte, was Jakob in der Serie passiert, ist sogar als Statist im Rollstuhl in der ersten Szene zu sehen. Außerdem spielt die Serie in Östermalm, dem Ort, in dem ich aufgewachsen bin.

Gab es bestimmte Emotionen oder Szenen, die beim Spielen besonders herausfordernd waren?

WÄRMLÄNDER: Die letzte Szene in Folge 2 war extrem emotional zu drehen; ich würde nicht sagen schwierig, aber anstrengend. In dieser Szene habe ich etwas (für mich) Neues ausprobiert, technisch gesehen. Ich war vor der Aufnahme nicht bei Jakob im Zimmer, wusste also nicht, wie er oder das Zimmer aussahen. Die Regisseurin, der Kameramann und ich besprachen die Szene nur draußen auf dem Flur und legten die Positionen fest, die wir einnehmen wollten. Wir wollten einer „echten Reaktion“ darauf, seinen Sohn zum ersten Mal im Koma liegen zu sehen, so nahe wie möglich kommen. Der lange Streit auf dem Land in Folge 5 war auch schauspielerisch anspruchsvoll, weil wir filmen wollten, ohne den emotionalen Bogen für uns Schauspielerinnen zu zerschneiden. Aber da wir alle ausgebildete Theaterschauspielerinnen sind, haben wir es wie im Theater gemacht: Wir haben alle zwölf Seiten des Textes geprobt und den Raum eingerichtet. Dann haben wir die Szene komplett durchgespielt, immer und immer wieder, in einem Durchlauf, bis die Kamera die ganze Szene aus allen Blickwinkeln aufgenommen hatte, mit jeweils einer Schauspielerin im Fokus.

Inwiefern hat Ihnen Ihre Rolle dabei geholfen, die eigenen Erfahrungen zu verarbeiten oder neue Perspektiven darauf zu gewinnen?

WÄRMLÄNDER: Sie hat mir wirklich auf so vielen verschiedenen Ebenen geholfen. Die Rolle der Ebba hat mir geholfen, meine eigenen Ängste zu verarbeiten, dass meinen Kindern etwas zustoßen könnte. In der Rolle der Ebba konnte ich üben, damit umzugehen, und es hat mir eine breitere Perspektive gegeben. Und schließlich ist es nach 25 Jahren ein Geschenk, meine alten Freunde wiederzutreffen und die Gelegenheit zu bekommen, das gemeinsam Erlebte zu verarbeiten.

Frau Wärmländer, was macht für Sie persönlich eine tiefe Freundschaft aus und was hoffen Sie, dass das Publikum aus der Serie mitnehmen kann?

WÄRMLÄNDER: Wahre Freundschaft bedeutet für mich, dass man es wagt, dem anderen zu vertrauen und zu glauben, dass der andere es gut mit einem meint. Ich hoffe, dass „Limbo“ uns daran zu erinnern vermag, dass wir alle besser darin werden müssen, in der Gegenwart zu leben, zu schätzen, was wir im Leben haben, und uns nicht ständig auf das zu konzentrieren, was uns noch fehlt. Es klingt wie ein Klischee, aber ich glaube, dass wir uns in unserem Teil der Welt besser fühlen würden, wenn wir mehr Zeit damit verbrächten, unsere Beziehungen zu pflegen und zu vertiefen, und weniger darüber nachdenken würden, welche Kissenbezüge wir kaufen sollten. Denn es gibt kein noch so schönes Landhaus, keine Beförderung und auch keinen Kissenbezug, der am Sterbebett deine Hand hält, egal wie schön er ist.

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