Interview mit Annika Blendl
Frau Blendl, im Tatort "Wer Wind erntet, sät Sturm" sieht man Sie in der Rolle der Katrin Lorenz. Was hat Sie an diesem Stoff interessiert?
Zunächst gefiel mir der Titel. Pathos wie in der Bibel-Offenbarung. Die Kultfilme der 70er Jahre hießen auch "Wer Gewalt sät" oder "Wenn die Gondeln Trauer tragen" und "Leichen pflastern seinen Weg". Mit dieser Art Filmtitel wird meine Fantasie gleich beim Lesen auf Abenteuerreise geschickt. In unserem Fall "Wer Wind erntet, sät Sturm" geht es vordergründig um eine gigantische Offshoreparkanlage. Ein Riesen-Milliardenprojekt mitten in Europa. Vergleichbar sind Großbaustellen wie die Hamburger Philharmonie, der Berliner Flughafen oder Stuttgart 21. Es geht um die Verstrickungen aller Beteiligten untereinander, die Banker, die Politiker und die Netz-Betreiber. Niemand sagt sich die Wahrheit, alle befinden sich im Chaos. Die Geschäftspraktiken sind höchst kriminell und die Ökoaktivisten leben eine Doppelmoral, die für Überraschungen sorgen wird.
Könnten Sie Ihre Rolle darin genauer beschreiben?
Katrin Lorenz ist eine moderne Geschäftsfrau mit Einzelkind und ohne Mann. Ihr Alltag ist durchorganisiert und geregelt durch Au-pair und Tagesmutter. Sie ist eine Frau ganz ohne Skrupel. Sie kennt weder Freizeit noch Ferien, nicht mal Urlaubstage. Eine, die 80 Sunden in der Woche durcharbeitet, um ausschließlich ihre Ziele zu verfolgen – egal zu welchem Preis. Sie führt ein Leben im Dauerlauf, Karriere als Kampfzone. Dabei habe ich an die Präsidentin von Yahoo! Marissa Mayer gedacht oder an EU Politikerinnen aus Brüssel, die in Interviews wie Maschinengewehre reden können.
Man erlebt Ihre Figur einerseits als kühl, abgeklärt und distanziert, anderseits spürt man Ihre Zerrissenheit. Wie war es für Sie, diesen inneren Konflikt zu spielen?
So eine Bandbreite im Spiel ist eine Wohltat. Es geht ja um grüne Geschäfte. Ich überlegte mir: Bestimmt hat sich die Welt dieser listigen Lorenz in nur wenigen Jahren verändert und ihr Charakter hat sich angepasst, wenn Idealismus dem Karriereumfeld Platz macht. So eine überlässt nichts dem Zufall, sie agiert wie ein Militärstratege. Sie setzt beim Verhandeln schon mal ihre langen Beine ein, einen gezielten Augenaufschlag oder eine romantische SMS.
Welche Filmrollen sind für Sie grundsätzlich reizvoll?
Ich bin sehr froh, dass sich unser Fernsehen gerade verändert nach skandinavischem Vorbild und ich bin gespannt auf all die Rollen, die für uns bereitliegen werden. Auf der Berlinale in diesem Jahr wurden bereits zwei deutsche TV-Serien gezeigt. Eine ausführliche Charakterstudie würde mich kolossal reizen, ein schöner Bogen in einem komplexen mehrteiligen Film. Ob historisch, politisch oder im Ausland – egal.
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