Gespräch mit Axel Prahl
Marko Wendrichs
Plötzlich fängt es an zu knirschen, erst im Rücken, dann auch im Leben: Marko Wen - drichs verliert seine Arbeit. Verkaufsfahrer für Tiefkühlkost ist zwar kein Traumjob, aber Marko Wendrichs ist eine wichtige Anlaufstelle für seine Kundinnen. Der Mittfünfziger – freundlich, bescheiden, handwerklich begabt – ist der Schwarm alleinstehender Rentnerinnen. Er bringt Wärme in ihr Leben. So wie Roland Kaiser, den er am liebsten hört, weil er viel weiß über seinen Traum von einem besseren Leben. Als nach dem gemeinsamen Spieleabend die alte Frau Meurer plötzlich stirbt, steht Marko vor einer schwierigen Ent - scheidung. Die alte Dame war stets sehr frei - giebig. Wie wäre es, wenn sie ihm nun über den Tod hinaus ein wenig unter die Arme grei - fen würde? Marko leiht sich ein wenig Geld von Frau Meurer und lässt sie in der Kühltruhe verschwinden. Doch zum Betrügen muss man geboren sein. Marko verstrickt sich immer tiefer in sein Lügenkonstrukt. Da begegnet er einem „Deus ex Machina“ namens Roland Kaiser …
Gespräch mit Axel Prahl
Die Rolle von Marko Wendrichs ist Ihnen wie auf den Leib geschnitten. Mit welchen Ideen haben Sie sich Ihre Figur erschlossen?
Es kamen ein paar gute Voraussetzungen zusammen. Zunächst hatte ich den großen Vorteil, in meinen Jugendjahren in ähnlichen Berufen als Fahrer gejobbt zu haben. Inso - fern war mir die Thematik durchaus geläufig, ebenso wie das Klientel, das vornehmlich in dieser Arbeitswelt anzutreffen ist. Bei den Dreharbeiten dazulernen musste ich aller - dings, einen Bandscheibenvorfall so glaubwür - dig wie möglich zu spielen. Welche Ironie des Schicksals: Ein Jahr später hatte ich selbst erst - mals „Bandscheibe“ – und weiß seitdem erst wirklich, was dieser arme Marko Schlimmes durchgemacht hat (lacht). Mich ansonsten gut in Markos Charakter einzufühlen, war auch der Verdienst des Drehbuchs, an dem es so gut wie nichts zu ändern gab. Großes Kompliment des - halb an Maximilian Kaufmann, der als Debü - tant gleich so einen wunderbaren Fernsehfilm geschrieben hat. Vielleicht am hilfreichsten aber, um eins zu werden mit meiner Figur, waren Inge Maux und Christine Schorn, meine beiden grandiosen Spielpartnerinnen.
Was ist Ihr Geheimnis, in einer Tragikomödie wie „Eisland“ Schweres ganz leicht wirken zu lassen?
Darauf gibt es keine leichte Antwort. Woody Allen hat mal den klugen Satz gesagt: „Komö - die ist Tragödie plus Zeit“. Das kennt wahr - scheinlich jeder, man fährt in den Urlaub und alles läuft schief. Das Hotel eine Bau - ruine, Presslufthämmer ab 7 Uhr, kein Wasser im Pool. Solche Katastrophen sind in dem Moment der Horror. Wenn man aber dasselbe Erlebnis mit Abstand auf einer Party erzählt, lachen und johlen alle. Jeder Tragik wohnt immer eine gewisse Komik inne.
Sie spielen in „Eisland“ einen Lieferanten für Tiefkühlkost. Nicht erst seit Corona ist der Markt für Heimservice aller Art geradezu explodiert – Segen oder Fluch?
Beides. Ein Fluch, weil die ganzen Autos und Transporter, die wegen ihrer Lieferfahrten noch mehr Verkehr auf die Straßen bringen, die Umwelt noch stärker belasten. Positiv ist dage - gen, dass viele nicht mehr so mobile Senioren und Seniorinnen – gerade auch während und wegen Corona – gelernt haben, mit den neuen Medien umzugehen. Die bestellen sich dann schon auch einmal dies und jenes im Internet, wofür sie sich nicht mehr außer Haus quälen müssen.
Neben Ihrem Beruf als Schauspieler sind Sie auch auf den Musikbühnen zuhause. Wie steht der Rocksänger Prahl zum Schlager - sänger Roland Kaiser, dem Ihre Figur Marko in einer kleinen, aber feinen Szene begegnet?
Roland und ich sind gut befreundet, was unser Drehbuchautor Maximilian Kaufmann aller - dings gar nicht wusste. Ich habe mich sehr gefreut, mal wieder mit Roland drehen zu dürfen. Er ist ein wunderbarer Mensch. Und was die Musik anbelangt, Musik berührt von allen Künsten am tiefsten. Vor allem aber: Sie verbindet.
Sie haben 2020 einen runden Geburtstag gefeiert. Wie fühlt sich das Alter an, wenn ihm eine 6 voransteht?
Das Merkwürdige am Älterwerden ist ja: 60 ist das neue 40. Wir fühlen uns immer fitter, wer - den immer älter. Ich erinnere mich zum Bei - spiel noch daran, wie mein Großvater sechzig wurde, für mich damals ein richtiggehend alter Mann, mit dem ich mich heute aber nullkom - manull vergleichen kann. Alle Vorzeichen und Unterscheidungsmerkmale sind im Wandel. Wir laufen alle in Jeans herum, ob alt oder jung. Wir sind im Grunde nicht mehr wirklich an unseren Lebensjahren identifizierbar. Ansons - ten mache ich mir so wenig Gedanken wie möglich. Ich möchte jeden Tag so genießen, wie er kommt. Und nicht zu viel zurückblicken. Wer zu oft in den Rückspiegel schaut, läuft Gefahr, vor den Baum zu fahren.
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