Gespräch mit Christine Schorn
Charlotte Horn
Auf die Frage, ob sie allein ist, gibt Charlotte Horn keine Antwort. Sie nimmt die Dinge so, wie sie kommen. Sie ist Witwe und Rentnerin und zu ihren größten Freuden gehört es, wenn Marko Wendrichs zu Besuch kommt. Eigentlich liefert er ihr ja nur Tiefkühlware, aber er ist nett, aufmerk - sam, zieht die Schuhe aus und löffelt auch mal mit ihr eine Gratisprobe aus. Als Marko den Job verliert, verliert auch Charlotte Horn die Freude an Tiefkühlfleisch. Den freundlichen Ex-Lieferan - ten lädt sie nun privat zum Mittagessen ein. Vorm Fernsehen diskutieren die beiden die wichtigen Fragen des Alltags: Schutz der EC-Karte? „Ach, wer will schon meine mickrige Rente haben.“ – Gefahr eines diabetischen Schocks? „Wenn es vorbei ist, ist es vorbei.“ – Einsamkeit? „Vielleicht schaff ich mir ein Haustier an.“ – Und bei allen drei Fragen weiß der nette Herr Wendrichs viel besser Bescheid, als sie ahnt.
Gespräch mit Christine Schorn
Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit Axel Prahl erlebt?
Wenn man dieses Wort heutzutage noch kennt: Der Mann hat Charakter, er ist ein anständiger Mensch. Er ist nicht nur ein gelernter, richtig guter Schauspieler, sondern besitzt diesen untheatralischen, direkten Ton, den ich liebe und leidenschaftlich mit ihm teile. Texte werden nicht nur gelernt und dann aufgesagt. Axel Prahl inhaliert Psyche und Seele und strahlt dann beides aus.
Was für ein Mensch steckt hinter Frau Horn, die Sie im Film verkörpern, und was verbindet Sie mit dem Kühlkostlieferant Marko Wendrichs?
Frau Horn ist eine fidele ältere Dame, alleinlebend und nicht unraffiniert, die gerne „junge Leute“ um sich hat, an denen sie sich ein bisschen bestätigen kann. Da kommen die regelmäßigen Besuche von Herrn Wendrichs ihr nur recht, und er bedeutet ihr mehr als nur ein nettes Schwätzchen. Sie schöpft Vertrauen zu ihm, nicht nur, weil er ihr oft und gerne bei kleinen Problemen mit der Wohnung hilft. Sondern weil er auch mal kommt, wenn nichts bestellt wurde und einfach nur dasitzt, zuhört, aber auch gerne mit ihr spricht und sie auch ein Stück weit umsorgt. Letztlich ist er einfach ein lebendiges Wesen in ihrer Wohnung.
Ist Lakonie, wie sie Ihre Figur an den Tag legt, die beste Haltung, um dem Altern zu begegnen?
Ach, fragen Sie mich nicht über dieses „fremde Alter“, wie ich es nenne (lacht)? Klar tauchen immer wieder einmal solche Gedanken auf wie „Was mache ich denn jetzt noch“?. Ich bin gottseidank gesund und immer noch beschäftigt und will auch etwas zu tun haben, um zu spüren: Ich bin noch da. Früher war es natürlich einfacher, in sein Leben hineinzuleben. Mal so, mal so, mal so. Im Alter muss man sich etwas einfallen lassen. Frau Horn jedenfalls braucht Frischblut (lacht).
Haben Sie ein Vorbild für das würdevolle In-die-Jahrekommen?
Aber ja, Miss Marple! Ich verehre Margaret Rutherford mit diesem herrlich verwitterten Gesicht. In England haben sie überhaupt dieses Gespür für besondere Charaktere. Diese alte Fresse, wunderbar, entschuldigen Sie bitte meinen direkten Ton (lacht). Aber wir sind noch unterwegs. Und wir wollen nicht Rollator. Gerne schön angezogen, vielleicht noch ein Krückstock, wie in Italien eben, wenn abends die Alten gemächlich durch die Gassen flanieren. Hier wird zu oft so getan, als wären kleine Kinder und Senioren Pflegefälle. Sind sie nicht. Kleine Kinder wachsen ins Leben und alte Leute wachsen wieder raus. So einfach.
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