Julius Gause zu "Nach uns der Rest der Welt"

Bei dieser Schulaufführung sitzt Romeo selbstbewusst im Rollstuhl: Emily (Lina Hüesker) und Jonas (Julius Gause) spielen das berühmte Liebespaar.
Bei dieser Schulaufführung sitzt Romeo selbstbewusst im Rollstuhl: Emily und Jonas spielen das berühmte Liebespaar. | Bild: SWR / Bojan Ritan

»Die Rolle des »Jonas« war anspruchsvoll, ohne Frage, eine Rolle, die von mir auch herausfordernd wahrgenommen wurde, in Vorbereitung, Produktion und auch noch bis heute. Die Vorbereitung begann erst einmal simpel mit dem Lernen des Rollstuhlfahrens. Aufgrund der Verwendung eines elektrischen Rollstuhls kam es zu Beginn leider zu einigen ungewollten »Kollisionen« mit Wänden und Möbelstücken. Über mehrere Wochen hinweg lernte ich das Rollstuhlfahren und führte dann noch täglich Gespräche mit Duchenne-Patienten und ihren Familien, um tiefere Einblicke in ihre Bewegungsmuster, aber auch die Lebensrealität zu erhalten. Teilweise sprach ich ganze Szenen mit der Mutter eines Duchenne-Patienten durch, um ihre Sicht zu erfahren. Wieso kann er das Glas nicht öffnen? Sie erklärten mir, wie es sich anfühlt, wie erschöpfend es ist, nicht mehr richtig zupacken zu können, und wie stark besonders die Kontraktionen, die sich über Jahre herausbilden, in den Bewegungen einschränken. Mit vielen konnte ich glücklicherweise auch offen über Sexualität, Liebe, Freunde und Feiern sprechen. Dabei war ich überrascht, wie anders und wie ähnlich meine und die Erfahrungen der Duchenne-Patienten dabei sein konnten. Gleichzeitig wurde intensiv mit Franziska Buch und Lina Hüesker an den Szenen gearbeitet, um Jonas als Rolle auch unabhängig von seiner Krankheit zu finden: Was geht in ihm vor? Welche Momente empfindet er wie?

Vermutlich identifizieren sich die meisten Menschen am stärksten mit den Gefühlen der Liebe, die Jonas sowohl für Emily als auch für seine Mutter empfindet. Die Fähigkeit zu lieben existiert in jedem von uns, unabhängig davon, ob eine Behinderung vorliegt oder nicht, unabhängig vom Geschlecht. Jonas ist aber auch sonst ein beeindruckender Mensch, weil in ihm natürlich viel mehr steckt als lediglich die Auseinandersetzung mit seiner Krankheit. Neben seiner Liebe zeichnen ihn ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn, Intelligenz und eine tief verwurzelte Wut aus. Und trotz dieser Wut bewahrt er eine warme, emotionale und offene Art. Für mich und Franziska Buch war es von besonderer Bedeutung, dass all diese Facetten in ihm erkennbar sind und wie sehr er sich danach sehnt, sie nach außen zu tragen – auch wenn das für ihn oft nicht möglich ist. Dieser Aspekt hat sicher auch in mir Widerhall gefunden.«

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