»Wer bin ich, was macht mich aus, wen liebe ich, wer soll ich sein und vor allem wer möchte ich selbst überhaupt sein? All diese Fragen stellen sich wahrscheinlich alle Teenager:innen im Laufe des Älterwerdens. So auch Emily in unserem Film »Nach uns der Rest der Welt«. Ihre Rolle verkörpern zu dürfen, war für mich eine unheimliche Freude, Ehre und intensive Erfahrung. Denn ich habe in Emily viele Sorgen, Gedanken und Charakterzüge wiedererkannt, die mich selbst in meiner Jugend begleitet haben und es immer noch tun. Auch habe ich mich durch diesen Film mit Themen wie Stress in der Schule, Anzeichen einer Essstörung, Trennung der Eltern, viel zu hohem Erwartungsdruck und natürlich mit der Krankheit »Duchenne Muskeldystrophie« beschäftigt und habe verstanden, wie unsicher und hilflos das macht.
Gleichzeitig trifft Emily aber auf Jonas – der Erste und Einzige, der ihr wirklich zuhört und sie versteht. Die Liebesgeschichte von Emily und Jonas ist wunderschön und gleichzeitig nicht leicht. Das Wissen, eine Krankheit zu haben, die man nicht überleben wird, bzw. jemanden mit dieser Krankheit zu lieben, wirft Hürden und Verzweiflung auf, die in unserem Film auch durch die jeweiligen Mütter wundervoll aufgezeigt werden. Vielleicht weil Emily und Jonas teils jung und arglos lieben, sind sie die Einzigen, die darin kein unbestreitbares Hindernis sehen. Ich fand es immer beeindruckend und gleichzeitig wahnsinnig wichtig, dass Emily im Film nicht ein Wort darüber verliert, dass die Probleme, die Jonas‘ Krankheit auch für sie aufbringt, etwas an ihrer Liebe ändern. Es ist auch das, worauf unser Film aufmerksam macht: Menschen mit einer Behinderung können, dürfen und wollen lieben und geliebt werden – auch körperlich. Emily ist die Einzige in unserem Film, die das nie hinterfragt. Es war mir wichtig, aus Emily eine authentische und nahbare Person zu machen, damit sich die Zuschauer:innen mit ihr identifizieren, mit ihr fühlen und vielleicht auch von ihr lernen können: Zu merken, was man selbst von seinem Leben erwartet, welche die eigenen Werte und Normen sind, wie und wen man liebt, und sich durchzusetzen, vor allem gegen eigene Ängste und Sorgen, die aber z. B. auch durch die Eltern auf einen projiziert werden. All das ist ein Prozess, den Emily im Laufe des Filmes durchlebt und der für niemanden, ob Filmcharakter oder echter Mensch, leicht sein kann.
Diesen Film anschauen sollten sich alle, die bereit sind, die (Liebes-) Bedürfnisse von Menschen mit einer Behinderung zu verstehen und zu achten. Und auch diejenigen, ob jung oder erwachsen, die das Gefühl von Zerrissenheit zwischen Liebe und Vernunft (wie kitschig es auch klingen mag) kennen.«
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